Am Sprachtest gescheitert Russische Fachärztin soll Bonner Agentur 41.000 Euro zahlen

Bonn · Eine Bonner Vermittlungsagentur bietet Ausländern die Möglichkeit in Deutschland als Facharzt zu arbeiten. Kosten: 41.000 Euro, auch bei nicht bestandenem Sprachtest. Dagegen klagt nun eine Russin.

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Foto: Benjamin Westhoff

In Deutschland als Fachärztin arbeiten – dieses Angebot einer Bonner Vermittlungsagentur für ausländische Ärzte reizte 2015 auch eine junge Medizinerin in Russland. Sie schloss einen Vertrag mit der Agentur für ein Programm mit Rundumversorgung für 41.554 Euro ab. Schwerpunkt: die Sprachkurse. Und genau da scheiterte die Russin. Sie brach schon nach fünf Monaten ab – und soll nun trotzdem den vollen Preis bezahlen. Weil sie sich weigert, hat die Agentur sie nun vor dem Bonner Landgericht verklagt, wie Gerichtssprecher Bastian Sczech mitteilte.

Der Ärztemangel in Deutschland dient der Agentur als Grundlage für ihr Angebot. Unter der Überschrift „Ärzte gesucht und gefunden“ wirbt sie im nicht europäischen Ausland junge Mediziner an und bietet ihnen ein einjähriges Programm zur beruflichen Integration ins deutsche Gesundheitswesen. Das Geschäftsmodell: Nach Bestehen des Eignungstests in der Heimat müssen sich die Teilnehmer um nichts mehr kümmern.

Die Agentur regelt und bezahlt alles: Flug und Anreise, alle Behördengänge inklusive Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen, Unterkunft, Versicherungen. Arbeitsmaterialien, selbst Laptop, Handy und ein Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr werden gestellt – ein Rundum-Sorglospaket. Und: Es gibt noch ein Stipendium von 375 Euro monatlich. Sind alle Sprachprüfungen für die Approbation geschafft, sorgt die Agentur für die Anstellung zur Facharztausbildung in einer Klinik oder Praxis.

Anschließend beginnt die Frist zur Zahlung der 41.554 Euro in 76 Monatsraten von 577 Euro, und diese Gesamtzahlung wird laut Vertrag auch fällig, wenn der Teilnehmer an Sprachtests scheitert. Allerdings besteht nach einmaligem Versagen die Möglichkeit, sich der Folgegruppe für drei Monate anzuschließen und die Prüfung zu wiederholen – für 1670 Euro zusätzliche Kosten monatlich.

Ende Oktober reiste die 33-jährige Jungmedizinerin aus Russland an – und gab bereits Ende März 2016 auf: Sie schaffte den ersten Sprachtest nicht. Am 12. Mai schickte die Agentur ihr die Rechnung über die 41.5547 Euro, die sofort vollständig zu begleichen sei. Doch die 33-Jährige weigert sich und wirft der Agentur vor: Das Sprachkurs-System sei völlig unzureichend gewesen, jeder Zehnte schaffe die Prüfungen nicht. Vorkenntnisse der Teilnehmer würden nicht genügend berücksichtigt, auch habe zeitweise nur ein einziger Dozent ohne pädagogische Ausbildung 22 Schüler unterrichten müssen. Individuelle Förderung habe es nicht gegeben, der Lehrer habe sich nur an den Leistungsstärksten orientiert. Die Agentur aber versichert: 90 Prozent der Schüler bestehen die Prüfungen, spätestens im zweiten Anlauf. Auch die 33-Jährige habe man ermuntert weiterzumachen, doch sie sei wortlos verschwunden. Dabei habe man für sie bereits Leistungen im Wert von 21.934 Euro bezahlt.

Die 10. Zivilkammer riet zum Vergleich, wonach die 33-Jährige 25.000 Euro an die Agentur zahlen sollte. Doch die Medizinerin lehnte ab. In einem Hinweisbeschluss hat die Kammer nun mitgeteilt: Nach vorläufiger rechtlicher Einschätzung stehe der Agentur nur die Bezahlung der tatsächlich entstandenen Kosten zu. Im September will das Gericht sein Urteil verkünden. Gerichtssprecher Sczech erklärte auf Anfrage: „Dieses Verfahren der Agentur ist eines von fünf am Landgericht Bonn.“

AZ: LG Bonn 10 O 378/16

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