Figuren am Münsterplatz Pro und Kontra zu den Beethoven-Statuen in Bonn

Meinung | Bonn · Jetzt steht die bunte Armee aus den kleinen lächelnden Komponistenfiguren auf dem Münsterplatz und zieht zahlreiche Schaulustige an. Unsere Autoren sind darüber geteilter Meinung.

Pro: Populär, nicht nur elitär

Eine Terrakotta-Armee aus Beethoven-Statuen? GA-Redakteurin Sylvia Binner findet's gut:

Beethoven geht unter die Leute. Und das ist gut so. Nicht umsonst hält sich seit Jahren die Diskussion, wie Bonn es schafft, als Beethoven-Stadt sichtbarer zu werden. Während des Beethovenfests, aber auch darüber hinaus. Nun gibt es endlich eine publikumswirksame Aktion, und schon suchen die Spielverderber das Haar in der Suppe.

Die Kritiker der Installation „Ode an die Freude“ hadern mit der künstlerischen Qualität der Skulpturen, fürchten eine Verzwergung des Meisters, neiden ihm, der oftmals grimmig schaute, das Lächeln, das ihm Ottmar Hörl ins Gesicht geschrieben hat. Wie kleinlich, wo es doch in diesem Fall die Masse macht.

Beethovens Musik und 700 Figuren, die auf dem Münsterplatz ein Bild abgeben, das unwillkürlich an die Terrakotta-Armee des Kaisers von China erinnert, auch wenn zugegebenermaßen keiner der 8000 Tonkrieger so ist wie der andere. Ein Bild aus grünen und goldenen Ludwigs, die sich gleichen wie ein Ei dem anderen. Ein Bild, das sich verbreiten lässt. Über die sozialen Medien, wo Bonn bisher eher im Zusammenhang mit Kirschblüten für Aufsehen sorgte, in Broschüren und auf Plakaten. Als Werbung für die Beethoven-Stadt und deren Bürger, die sich den Komponisten zu eigen machen und damit dafür sorgen, dass die Hochkultur die Konzertsäle verlässt und sich in der Stadt breit macht. Populär, nicht nur elitär. Mit Spaß und einem Augenzwinkern. Beethoven hält das aus, ohne Schaden zu nehmen.

Kontra: Masse statt Klasse

Eine Armada aus bunten Gartenzwergen? GA-Redakteur Thomas Kliemann findet's nicht gut:

Natürlich ist dieser Zwergenaufstand auf dem Münsterplatz irgendwie auch putzig – und Selfie-tauglich allemal. Diese Ludwig-Hobbit-Armada aus bunten Gartenzwergen. Ich hatte mir aber von den Initiatoren, die doch immer von der „Marke Beethoven“ schwärmen und den Meister gerne als Alleinstellungsmerkmal für Bonn reklamieren, Originelleres als Massenware aus Plastik erwartet.

Wenn einem nichts mehr einfällt, ruft man nach Professor Hörl aus Nürnberg. Und der macht es sich einfach: gießt eine verkleinerte Plastikfigur, multipliziert sie mal Tausend oder so, pflastert damit Plätze und Straßen zu und macht mit diesem simplen Trick Kasse (600 Euro für einen signierten Beethoven).

Masse statt Klasse, Kleingeist statt Esprit: So bekam Neuruppin seinen Fontane und Frankfurt den Keltenfürsten, Trier seinen Marx, Eltville den Gutenberg, Ulm seinen Einstein, Nürnberg eine Horde Dürerhasen, Wittenberg 800 Luther-Zwerge und Bonn jetzt eine Ode an die Peinlichkeit.

Immer das gleiche Muster. Der Bonner Ludwig aber ist etwas Besonderes, denn der ansonsten eher grimmige Tonsetzer lächelt in Hörls Version fast schon debil vor sich hin. Er sei halt „e bönnsche Jung“, heißt es. Als Bonner (der ich nicht bin) würde ich mir einen solchen Gesichtsausdruck verbitten! Hier wurde eindeutig Ironie mit Banalität verwechselt. Was soll's: Jeder bekommt den Beethoven, den er verdient. Ich höre ihn lieber.

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