Amélie steht Kopf Premiere der neuen Show „La Luna“ im GOP-Theater

Bonn · Das Bonner Varieté-Theater GOP bietet mit seiner neuen Show „La Luna“ eine Hommage an den traditionellen Zirkus. Das Publikum ist zu Gast in einer bunten Artistenfamilie.

Es gibt einen Ort jenseits des Märchenbuchs, an dem Nonkonformität zum Vorteil gereicht, wo Menschen mit Sonderbegabung umjubelte Stars werden können. Ein Jahr vor dem 250. Gründungstag des ersten modernen Zirkus' von Philip Astley in London verneigt sich das GOP Varieté im WCCB mit seiner neuen Show „La Luna“ in einer durchweg charmanten Hommage vor dem fahrenden Volk.

Eine Manege, wie sie Astley für seine Kunstreiter nutzte, sucht man auf der Varietébühne natürlich vergeblich. Regisseurin Sabine Rieck und Bühnenbildner Reinhard Bichsel haben das Geschehen im ersten Teil hinter ein nostalgisches Marketender-Zelt und zwischen hölzerne Wohnwagen verlegt. Und unter eine Kugellampe als Mond.

Mehr als zwei Stunden ist das Publikum in dieser Szenerie zu Gast bei einer bunt gemischten Artistenfamilie. Da wird in Italienisch, Spanisch, Französisch und Englisch palavert, posiert und gelacht, musiziert und (scheinbar) improvisiert. Der – natürlich – impulsive Impresario stürzt im Furor von der eigenen Wohnwagentreppe und das Volk ruft „Zugabe“. Ein Hund tollt durchs Geschehen. Und wie nebenbei treten die Artisten mit ihrem Können ins Rampenlicht.

Premiere im GOP-Theater
8 Bilder

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Rieck hat für dieses Programm auf spektakuläre Großaufbauten verzichtet. Lieber lässt sie Körperspannung und Geschicklichkeit für sich sprechen. Scheinbar mühelos hopst und albert der Franzose Lucas Bergandi auf dem Drahtseil herum und posiert für ein Selfie. Florent Lestage jongliert mit vier Keulen und einem Spazierstock. Die US-Amerikanerin Vivian Hancock tanzt übermütig mit ihren Hula-Hoop-Reifen. Die Handstand-Comedy der Manducas wirkt – synchron zu heiterer Kaffeehausmusik und Stummfilmgeräuschen – so ungezwungen-komisch, dass ihre gemeinsamen Balance-Akte umso mehr Bewunderung verdienen.

Höhepunkt vor der Pause und der geschmacklich noch ausbaufähigen Mandel-Pannacotta zum Dessert ist dann eine echte Spitzenleistung: Amélie Demay, immerhin schon 49 Jahre alt, macht einen Kopfstand auf dem Haupt ihres vier Jahre älteren Ehemanns Michele Chen. Den Zuschauern stockt der Atem. Da ist es kein Wunder, dass die Tochter der beiden der Artistenwelt treu bleibt. Romina Chen hat in der GOP-Show ihr Bühnendebüt. Als Enfant Terrible nervt die 19-Jährige ihren Herrn Papa den Abend über mit hellem Flötenspiel und jongliert mit Schirmen und einer Gitarre. Man muss sie einfach mögen.

Musik vom Band wäre für ein Nostalgieprogramm wie „La Luna“ zweifellos ein Stimmungskiller. Und so bestreitet einen Großteil des Abends Olivier Perrin an seinem Akkordeon mit Klezmermusik und Evergreens aus bekannten Filmen, zeitweise begleitet von Saxofon, Trompete, Drums oder Waschbrett. So entsteht ein an Abwechslung reiches Gesamterlebnis, das viel Lust macht auf Live-Unterhaltung in ungezwungener Runde. Philip Astley hätte „La Luna“ vermutlich gefallen, zumal der Brite von dem Wort Zirkus Zeit seines Lebens nichts hören wollte. Das Programm läuft in Bonn noch bis zum 25. Februar.

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