Straßen NRW Planungen für Südtangente nicht vor 2030

DOTTENDORF · Die Schnellstraße zwischen A 3 und A 565 war immer wieder tot gesagt. Und doch bleibt sie weiterhin in der Diskussion. Dottendorfer Bürger wehren sich schon seit den 60er Jahren dagegen.

 Vor dem Sportplatz des FC Hertha Bonn stehen (v.l.) Thomas Dobbek, Anne Küpper und Otfried Klein. Hinter dem Platz könnte die "Südtangente" genannte Schnellstraße als Tunnel in den Venusberg führen.

Vor dem Sportplatz des FC Hertha Bonn stehen (v.l.) Thomas Dobbek, Anne Küpper und Otfried Klein. Hinter dem Platz könnte die "Südtangente" genannte Schnellstraße als Tunnel in den Venusberg führen.

Foto: Philipp Königs

Alleine der Name schon! Darüber könnte sich Otfried Klein aufregen: „Das ist doch schon lange keine Tangente mehr. Das ist eine Sekante.“ Klein ist kein Mathematiklehrer mit Hang zur Geometrie, sondern Dottendorfer Bürger und Volkswirt im Ruhestand. Und die Tangente, gegen deren Bau er sich seit den 1960er Jahren wehrt, heißt mit vollem Namen „Südtangente“. Ein alter Name, der aus einer Zeit stammt, in der die Umsetzung einer vierspurigen Schnellstraße als Spangenschluss zwischen A3 und A 565 das Stadtgebiet Bonn tatsächlich noch „tangiert“ und nicht mitten durch sie hindurchgeführt hätte. Seit der ersten Idee sind die Baugebiete gewachsen, die Gronau ist bebaut und landwirtschaftliche Flächen ebenfalls Wohnhäusern gewichen.

Für den Verein Lebenswerte Region Bonn-Siebengebirge kämpfen neben Klein auch Anne Küpper aus Friesdorf und Thomas Dobbek aus Dottendorf gegen diese vierspurige Schnellstraße. Immer dann, wenn die „Südtangente“ schon tot erscheint, kommt irgendjemand vorbei, der den Defibrillator anlegt und die Totgeweihte aufleben lässt.

Gegner befürchten Lärm und Umweltbelastungen

Zuletzt schaffte es das Straßenprojekt 2016 wieder auf den Bundesverkehrswegeplan, der bis 2030 die wichtigsten Verkehrsprojekte des Bundesverkehrsministeriums aufführt. Jahrelang war es dort nicht aufgeführt, nachdem es zuvor einige Zeit auf der Prioritätenliste recht weit vorne stand. Und die Unruhe in den linksrheinischen Ortschaften war wieder da. Allerdings führt das Verkehrsministerium das Projekt unter dem Punkt „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“. Die zuständigen Landesbetriebe Straßen NRW, die Regionalniederlassungen Rhein-Berg und Ville-Eifel, stellten auf Anfrage klar, dass sie mit einer Planung zum Ausbau nicht befasst seien und die vor 2030 auch nicht zu schaffen wäre. Das gelte sowohl für den Streckenabschnitt zwischen A 3 und A 59 mit dem Ennertaufstieg als auch für den Abschnitt zwischen A 59 und A 565, der in Troglage zwischen Dottendorf und Friesdorf hindurch in einen Tunnel durch den Venusberg führen würde, um an die A 565 anzuschließen.

„Die Südtangente würde zusätzlichen Verkehr nach Bonn ziehen und keine Entlastung schaffen“, sagen Küpper und Dobbek. Folgen wären Umweltbelastungen und Lärm. Noch einen weiteren Aspekt bringen Küpper und Dobbek ein: „Für dieses Projekt werden Flächen freigehalten, die man für eine lockere Wohnbebauung nutzen könnte.“ In der Tat ist im Flächennutzungsplan eine grüne Schneise zwischen dem Sportplatz an der Kessenicher Straße und dem Autobahnanschluss der A 562 am Südfriedhof vorbei für die Südtangente ausgewiesen. Festgeschrieben sei sie dafür aber nicht, teilte das Bonner Planungsdezernat mit. Doch müsste die Stadt bei einer Umschreibung zur Wohnbebauung die Bezirksregierung und die Landesbetriebe um eine Freigabe anfragen. „Je weiter sich die Planungen bei Straßen NRW im Laufe der Zeit konkretisieren, umso eher würde für die davon betroffenen Flächen keine Freigabe ausgesprochen werden“, so die Stadt.

Die Bewertung der Trasse im Bundesverkehrswegeplan kommt zu dem Ergebnis, dass Umweltbeeinträchtigungen „erheblich und wahrscheinlich“ wären. Allerdings stünde dem ein hoher Kosten-Nutzen-Faktor gegenüber. „Durch eine zusätzliche Ost-West-Verbindung zwischen A 3 und A 565 könnten sowohl das Siebengebirge als auch das westliche Stadtgebiet von Bonn wesentlich vom Durchgangsverkehr entlastet werden“, heißt es im Gutachten. Allein die Planungskosten lägen bei 100 Millionen Euro, die Gesamtkosten zurzeit bei rund 700 Millionen.

Die Initiative glaubt, dass über eine Südtangente ein erheblicher Transitverkehr mit Lastwagen direkt durch Bonn führe. „Es ist doch unverständlich, dass eine Rheinquerung bei Wesseling und der sechsspurige Ausbau des ,Tausendfüßlers' kommen soll, und die Südtangente dennoch im Verkehrswegeplan steht“, so Dobbek.

Es gibt allerdings neben den Befürwortern der IHK Bonn/Rhein-Sieg durchaus Bürger, die die Trasse als einen Gewinn sähen. Die „Initiative Verkehrsentlastung Siebengebirge“ hatte 2017 in Beuel für die Trasse geworben, weil sie in ihr eine Entlastung des Autoverkehrs für viele Orte sieht.

Während der Bau im Bonner Stadtrat umstritten ist, befürwortet ihn der Rhein-Sieg-Kreis. Offenbar ist man dort zu der Erkenntnis gelangt, dass das Gesamtprojekt schwierig durchzusetzen sein wird: „Bei diesem Thema muss man immer differenzieren zwischen dem Ennertauf-stieg einerseits, der auch in Bonn unstrittig ist, und der Venusbergquerung beziehungsweise –tunnelung andererseits.

Im Bonner Stadtrat ist die Schnellstraße umstritten

Da sich jede Maßnahme auch für sich alleine rechnet, sollten sie auf jeden Fall auch getrennt voneinander weiterverfolgt werden“, teilt Landrat Sebastian Schuster mit. Der Bürgermeister von Königswinter, Peter Wirtz, sieht es ähnlich: „Wir brauchen zumindest den rechtsrheinischen Abschnitt, um Königswinterer Orte vom Durchgangsverkehr zu befreien“, sagt Wirtz.

In Bonn lehnt die CDU den Bau der ganzen Südtangente nicht grundsätzlich ab, sieht die Priorität allerdings in der Rheinquerung bei Wesseling. SPD, Grüne und Linke würden das Projekt zumindest im Linksrheinischen lieber heute als morgen beerdigen. Bürger Bund Bonn und zuletzt auch die FDP betonen, dass zumindest die rechtsrheinische Trasse sinnvoll wäre.

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