Schiffsverkehr in Bonn und der Region Niedrigster gemessener Rheinpegel bald erreicht

Bonn · Auch am Freitag ist der Pegel des Rheins weiter gesunken. Der Deutsche Wetterdienst gibt keine Entwarnung: Der notwendige große Regen bleibt auch in den nächsten Tagen aus. Die Lage der Binnenschifffahrt und Fährdienste bleibt somit weiter angespannt.

Der Rheinpegel ist am Freitag weiter gesunken: Lag er am Mittwochabend in Bonn bei knapp 90 Zentimetern, wurden am Freitagmittag nur noch 87 Zentimeter gemessen. Damit kommt dieser Wert dem bisher niedrigsten gemessenen Wasserstand von Ende September 2003 sehr nahe. Laut Online-Auskunft der Stadt Bonn betrug dieser vom 28. auf den 29. September 86 Zentimeter. Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes beziffert den niedrigsten bislang gemessenen Wasserstand gar auf 90 Zentimeter, womit der bisherige Rekord bereits unterschritten wäre.

Damals fuhren die Frachtschiffe dennoch durchgehend, ebenso wie die Fähren im Bonner Raum. „Es wird keine behördlich angeordnete Einstellung der Schifffahrt geben“, so ein Sprecher der Wasserschutzpolizei. Trotzdem hat das Niedrigwasser Einfluss auf die Preise von Heizöl, Benzin und Diesel. Die Frachter können weniger Ladung transportieren und verlangen zum Verlustausgleich einen "Kleinwasserzuschlag".

„Wir müssen jeden Tag das Risiko neu einschätzen“, sagt Nicole Becker, Pressesprecherin der Köln-Düsseldorfer Rheinschifffahrt. Das war den Verantwortlichen am vergangenen Dienstag wohl zu hoch, weshalb das Unternehmen den Linienverkehr fünf Tage vor dem planmäßigen Saisonende einstellte. Die Rundfahrten in Düsseldorf, Köln und Frankfurt gibt es weiterhin, da deren Ausflugsschiffe weniger Tiefgang haben.

„Das Hauptproblem sind die Anlegestellen“, so Becker. Dort sei, anders als in der Fahrrinne, keine bestimmte Tiefe garantiert. „Ein Aufgrund-Laufen müssen wir unbedingt vermeiden.“ Außerdem ist die Prognose des Rheinpegels weiter fallend. Der Pegelstand in Kaub südlich des Loreleyfelsens lag am Mittwoch bei 38 Zentimetern, also nur drei Zentimeter über dem Stand, als das Schiff Loreley der Köln-Düsseldorfer vor eben diesem Felsen im Jahr 2003 Grundberührung hatte und manövrierunfähig auf das Ufer auffuhr. Mehrere Menschen wurden dabei verletzt. Ein Zusammenhang zwischen der aktuellen Entscheidung und dem Unfall besteht laut Becker jedoch nicht.

Die meisten Fähren fahren noch

Die Rheinfähren in Graurheindorf, Bad Godesberg und Königswinter fahren derweil weiter. Allerdings können in Graurheindorf/Mondorf und in Königswinter/Mehlem keine schweren Fahrzeuge über 7,5 Tonnen mehr mitgenommen werden. Das gilt auch für die Fährlinien in Remagen Richtung Bonn und die "RheinSchwan" in Niederkassel. Auch bei den Fähren ist vor allem der Tiefgang am Anleger problematisch. "Wir geben nicht auf", so einer der betroffenen Fährkapitäne, deren Linien noch fahren.

Die "Rheinnixe" in Beuel hat wegen des Niedrigwassers ihren Fährbetrieb allerdings fürs erste eingestellt. Genauso entschieden hat auch die Fährlinie in Bad Honnef. Hier sollen laut einer Ankündigung auf deren Internetseite Baggerarbeiten in der kommenden Woche Abhilfe schaffen.

Selbst wenn die Situation jeden Tag und jede Stunde neu bewertet werden muss, gehen jedoch die Fährleute der noch fahrenden Linien im Moment nicht davon aus, dass sie ihren Betrieb irgendwann einstellen müssen. Ob die Fähren fahren oder nicht, kann auf den jeweiligen Internetseiten am schnellsten abgefragt werden.

Die Verbindung Bad Honnef-Rolandseck wurde bereits am Mittwoch eingestellt. Seit Donnerstagabend 21 Uhr hat auch die Fähre Bad Breisig-Bad Hönningen Zwangspause. Wie die Fährgesellschaft Hirzmann mitteilte ist ein sicheres An- und Ablegen ist nicht mehr gewährleistet. Der Rheinpegel sei in den vergangenen Tagen jeweils um drei Zentimeter, am Donnerstag um zwölf Zentimeter gefallen. „Wir werden so schnell wie möglich den Betrieb wieder aufnehmen, wenn es der Wasserstand zulässt“, so die Hirzmann GmbH. Zwischen Kripp und Linz lief der Fährverkehr am Freitag: Dort hieß es: „Unsere Fähren Sankt Johannes und Nixe sind trotz des Niedrigwassers in Betrieb.“

Preis für Heizöl und Kraftstoff ist gestiegen

Auch die Raffinerie Shell in Wesseling muss sich auf das Niedrigwasser einstellen. „Es ist eine Herausforderung, aber wir haben die Lage im Griff“, sagt Pressesprecher Jan Zeese. Viele Produkte des Unternehmens würden vorrangig per Schiff ausgefahren. „Die Logistik muss darauf abgestimmt werden, dass weniger Ladung abtransportiert werden kann.“ Dementsprechend habe man die Produktion teilweise reduziert. Notfalls würden auch andere Vertriebswege genutzt und mehr Güter werden per Schiene, Straße oder Pipeline vermarktet. „Engpässe gibt es immer wieder“, sagt Zeese. Zum Beispiel auch bei Hochwasser oder der Wartung von Teilen der Anlage.

Knauber-Sprecherin Maike Hagedorn bestätigte einen Zusammenhang zwischen steigenden Spritpreisen und dem Niedrigwasser des Rheins. Die Preise würden zwar vorrangig vom Weltmarkt bestimmt, aber auch regionale Faktoren hätten darauf Einfluss. So verursachten steigende Transportkosten durch weniger Zuladung bei den Frachtschiffen und Verlagerung der Ware auf die Schiene einen Preisanstieg für den Kunden. Der Preis für Heizöl und Kraftstoff ist im Norden Deutschlands derzeit etwa sechs Cent pro Liter günstiger als im Süden.

Tiefe unter dem gleichwertiger Wasserstand

Die Aufgaben der Wasserschutzpolizei sind bei Niedrigwasser die Gleichen wie bei normalem Pegelstand. Frachtschiffe werden nur kontrolliert, wenn zu großer Tiefgang auffällt. „Das kommt aber fast nie vor. Das sind schließlich alles Profis“, so ein Sprecher. Die Schiffsleute seien täglich auf dem Rhein unterwegs und wollten sich und ihre Ladung sicher ans Ziel bringen.

Die Einstellung des Schiffsverkehrs müsse jede Reederei selbst entscheiden. Dabei spiele die Wirtschaftlichkeit die größte Rolle, irgendwann lohne sich die Fahrt einfach nicht mehr – auch nicht mit Kleinwasserzuschlag, der die Kosten durch die geringere Fracht auffangen soll.

Wer hofft, bald durch den Rhein ans andere Ufer laufen zu können, wird genauso wie 2003 enttäuscht: Die ausgebaggerte Fahrrinne im Fluss ist etwa 150 Meter breit und deutlich tiefer als der aktuell sichtbare Flussboden. Für die Binnenschifffahrt ist nämlich die sogenannte Tiefe unter dem gleichwertiger Wasserstand wichtig. Bei einem Bonner Pegel von einem Meter zum Beispiel ist die tatsächliche Fahrrinne noch etwa 2,10 Meter tief.

Trendwende des Rheinpegels noch nicht in Sicht

Für eine wirkliche Trendwende, also einen längerfristigen Anstieg der Wasserstände, sei Regen nötig, erläuterte Florial Krekel vom Wasser- und Schifffahrtsamt Bingen. Damit sei aber nach der Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes erstmal nicht zu rechnen. Die Bundesanstalt für Gewässerkunde erwartet deshalb, dass zum Beispiel der Pegel in Kaub Anfang nächster Woche auf 23 Zentimeter sinken wird, was den Wiedereinstieg des Schiffsverkehrs in weite Ferne rücken würde.

(Mit Material von dpa)

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