Zwei Jahre Haft auf Bewährung für Assistenzarzt Mediziner wegen Missbrauchs einer Patientin verurteilt

Bonn · Das Bonner Landgericht hat wegen Missbrauchs einer damals 17-jährigen Patientin zwei Jahre Haft auf Bewährung gegen einen 43-jährigen ehemaligen Assistenzarzt der HNO-Abteilung einer Bonner Klinik verhängt.

"Sie haben etwas getan, was kein Arzt der Welt tun darf. Ihre Aufgabe war es, Schmerzen und Leid zu lindern und nicht zusätzlich welche hinzuzufügen." Klaus Reinhoff, Vorsitzender der 3. Großen Strafkammer, spricht im Urteil eindringliche Worte.

Dennoch fällt die Strafe für einen ehemaligen Assistenzarzt in der HNO-Abteilung einer Bonner Klinik, der 2012 eine 17-jährige Patientin sexuell missbraucht hat, vergleichsweise milde aus: zwei Jahre Haft, die zudem noch zur Bewährung ausgesetzt werden.

Aber der Angeklagte hatte im Prozess "das einzige Richtige getan", so der Richter: Vier Jahre nach der Tat hatte er die sexuellen Übergriffe gestanden - und sie nicht als "medizinisch notwendig" rechtfertigt. Mit dem Geständnis hat er der jungen Frau einen Auftritt vor Gericht erspart.

Patientin sendete Hilferuf per WhatsApp

Zwei Tage nach einer Mandeloperation, am Abend des 4. Juli 2012, hatte die Schülerin über starke Bauchschmerzen geklagt. Der Angeklagte, der als diensthabender Arzt gerufen worden war, hatte vorgegeben, sie gynäkologisch untersuchen zu müssen. Tatsächlich fasste er sie auf eine Weise an, die alles andere als notwendig war und nutzte dabei ihre hilflose Lage aus.

Nach einem zweiten sexuellen Übergriff hatte die Patientin sich via WhatsApp verzweifelt an ihren Freund gewandt, der damals im Ausland studierte. Und der hatte sofort ihre Mutter alarmiert.

"Als Arzt haben sie vollständig versagt", so Reinhoff weiter im Urteil. "Sie haben eine Frau, die am Anfang ihrer Sexualität stand, als Arzt sexuell bedrängt und sie misshandelt." Damit habe er zudem das Vertrauen gebrochen, dass ein Mensch notwendigerweise zum Arzt haben muss.

Missbrauchsopfer schwer traumatisiert

Die heute 21-Jährige ist auch nach vier Jahren noch schwer traumatisiert. Sie ist in therapeutischer Behandlung, geht niemals alleine zum Arzt und betritt auch keine Klinik mehr. "Es ist noch nicht vorbei," hatte die 55-jährige Mutter als Zeugin eindringlich erzählt. "Wenn sie daran denkt, ist alles sofort wieder da." Als ihre Tochter erfahren habe, dass der Angeklagte festgenommen worden sei, sei sie in Tränen ausgebrochen.

Das milde Urteil hat noch einen zweiten Grund: Der gesetzlich vorgeschriebene Strafrahmen für "sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses" liegt zwischen drei Monaten und fünf Jahren Haft. Dieser Strafrahmen, so Richter Reinhoff, entspreche dem für Ladendiebstahl: "Das ist viel zu niedrig." Als Bewährungsauflage muss der 43-Jährige unter anderem der jungen Frau 2000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Nach fünf Monaten U-Haft ist der Arzt nun wieder frei.

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