Polizei kann keine Zusage für Begleitung geben Martinszügen in Bonn droht die Absage

Bonn · Die Polizei braucht alle verfügbaren Kräfte zur Sicherung der Klimakonferenz und kann keine Beamten für die Brauchtumsveranstaltungen in Bonn abstellen. Ein großes Problem für die Veranstalter.

Was haben die Bonner Martinszüge mit dem zeitgleich in Bonn stattfindenden Weltklimagipfel COP 23 zu tun? Womöglich sehr viel. Denn die Polizei hat am Montag angekündigt, dass sie alle verfügbaren Kräfte für den Klimagipfel braucht, was die Begleitung der Martinszüge zumindest erschwert, wenn nicht unmöglich macht.

Im Klartext: Martinszüge sollen ohne Teilnahme der Polizei stattfinden. „Jedenfalls sieht sich das Polizeipräsidium Bonn derzeit nicht in der Lage, seriöse Zusagen einer polizeilichen Begleitung gegenüber den Veranstaltern der Sankt Martinszüge zu machen“, teilte Polizeisprecher Frank Piontek am Montag dem GA auf Anfrage mit.

Christoph Schada, der den Lengsdorfer Martinszug organisiert, erfuhr ebenfalls am Montag davon. Und ist seitdem sauer. Denn weil nur die Polizei in den fließenden Verkehr eingreifen darf, aber nicht die Feuerwehr oder private Wachdienste, ist für ihn die Konsequenz: Der Lengsdorfer Martinszug muss abgesagt werden, weil der Veranstalter bei einem Unfall persönlich haftbar gemacht werden kann.

„Dass nicht einmal mehr die örtliche Polizei für die Sicherheit eines Martinszuges zur Verfügung stehen soll, ist nicht hinzunehmen“, sagt Schada. „Dagegen wehren wir uns mit allen zu Gebote stehenden Mitteln.“ Denn es sei unverhältnismäßig, eine Zugabsage zu Lasten von Traditionen, von Brauchtum und nicht zuletzt der Kinder aussprechen zu müssen.

Klarheit über Polizeieinsatzkräfte erst im Oktober

Auf die Veranstalter kommt zumindest eine große Unsicherheit zu. Denn die Polizei kann jetzt noch nicht einmal sagen, für welche Züge sie eine Begleitung stellt und für welche nicht. Erst im Laufe des Oktobers werde feststehen, an welchen Tagen und in welchem Umfang der Einsatz der Bezirksbeamten beim Klimagipfel erforderlich sei.

Beuels Bezirksbürgermeister Guido Déus und Christian Siegberg, Leiter der Bezirksverwaltungsstelle Beuel, treffen sich an diesem Donnerstag, 17. August, mit Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa. „Bei diesem Gespräch werden wir klären, ob und wie Martinszüge notfalls ohne Absicherung durch die Polizei stattfinden können. Wir werden die Frage der Durchführbarkeit der Martinszüge auch für alle kleineren Umzüge in den Beueler Ortsteilen klären“, erklärte am Montag Christian Siegberg. Stephan Kern, Vorsitzender des Martinsausschusses Beuel-Mitte, war von der Entscheidung der Polizei überrascht: „Der Martinszug von Beuel-Mitte zieht mit rund 3500 Menschen durch das Zentrum. Ich kann mir nicht vorstellen, wie dieser Umzug ohne Ordner stattfinden kann. Ob die Ordner unbedingt Polizeibeamte sein müssen, das muss jetzt in enger Abstimmung mit der Stadt Bonn und der Polizei geklärt werden.“

Auch Elfi Brach-Stein vom Ortsausschuss Kessenich und Mitglied des Organisationsteams des Martinszuges überraschte die Ankündigung der Polizei. Über die Auswirkungen müsse man sich erst noch informieren, so die Organisatorin. Die rund 2000 Teilnehmer des Martinszuges queren auf ihrem Weg durch Kessenich zwei große Kreuzungen. Bisher seien immer zwei Polizisten mit Motorrädern vorneweg gefahren, um Hausdorffstraße und Markusstraße abzusichern. Das Martinsfeuer überwacht die Freiwillige Feuerwehr Kessenich. Insgesamt nehmen an dem Umzug zwei Grundschulen und fünf Kindergärten teil.

Keine Probleme in Bad Godesberg

In Bad Godesberg gibt es keinen zentralen Martinszug. Die vielen Umzüge in den einzelnen Orten organisieren Kindergärten, Schulen und Vereine. Etwa der Junggesellenverein Einigkeit Schweinheim. „Wir kriegen das auch ohne Polizei hin“, sagt der dortige Organisator Willi Linden. Die Freiwillige Feuerwehr aus Bad Godesberg, zu der er als Ehemaliger einen guten Draht hat, sei sowieso immer mit drei bis vier Leuten dabei. Das Rote Kreuz komme immer mit zwei Wagen und einem Motorrad und helfe beim Absperren der Straßen. Letztlich gehe es vor allem über Nebenstraßen, was auch für den Rüngsdorfer Zug gilt, organisiert von den St.-Andreas-Schützen.

Auch die Stadt Bonn wurde am Montag von der Ankündigung der Polizei überrascht. Genehmigt werden müssen die Züge durch die Stadt übrigens nicht, weil es um kirchliches Brauchtum geht, ähnlich einer Fronleichnamsprozession. Der Kommune muss aber der jeweilige Zugweg bekannt gegeben werden, damit etwa Busse eine Umleitung fahren können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort