Diskussion im Sozialausschuss Immer mehr Kinder in Bonn leben in Armut

BONN · Das Thema Kinderarmut hat die Bonner Kommunalpolitiker im Sozialausschuss beschäftigt. In der Debatte ging es auch um die steigende Zahl der Hartz-IV-Bezieher.

Angesichts der 5655 Bonner Haushalte, die im Oktober vergangenen Jahres Hartz-IV-Leistungen erhielten, stand die Frage im Raum, wie der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen an Schulen und Kindergärten voranschreitet.

Nach Statistiken der Arbeitsagentur ist der Anteil der Bonner Kinder, die in diesen Haushalten leben, im Vergleich der Jahre 2011 bis 2015 von 18,2 auf 20,6 Prozent der Kinder gestiegen, in absoluten Zahlen: von 9526 auf 11.017 betroffene Mädchen und Jungen. Hinzu kommen Familien mit zwei Kindern, deren Haushaltseinkommen bei 2058 Euro oder darunter liegt. Auch sie gelten als arm. Wie viele dazu zählen, ist nicht bekannt.

„Wir tun, was wir können“, sagte Sozialdezernentin Carolin Krause zum Ausbau. Aber klar wurde bei ihren Ausführungen auch, dass es für die weitere schnelle Schaffung von ganztägigen Betreuungsplätzen derzeit vor allem an zweierlei fehlt: an Grundstücken für Einrichtungen sowie an Mitarbeitern im Städtischen Gebäudemanagement, die den Bau vorantreiben.

Der enorme Druck, unter dem die Stadt beim Nachbau steht, hatte im Juni beispielsweise dazu geführt, dass der Rat zähneknirschend einem teuren Kita-Neubau-Projekt an der Friedrich-Wöhler-Straße in Auerberg durch einen Investor zustimmen musste. Seit Jahren wächst die Bevölkerung im Bonner Norden, weil dort viele Wohnbauprojekte genehmigt und umgesetzt wurden.

Bei den Tageseinrichtungen für Kinder und Tagespflege stehen derzeit Betreuungsplätze für 46 Prozent der Bonner Kinder unter drei Jahren zur Verfügung. Der Bedarf liegt laut Stadt „erkennbar höher“.

Für Mädchen und Jungen ab drei Jahren gebe es zwar genügend Plätze, diese seien aber nicht optimal im Stadtgebiet verteilt und damit unter Umständen mit Fahrerei für die Eltern verbunden. Für Kinder ab einem Jahr gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. 64 Prozent der Grundschüler werden laut Krause im offenen Ganztag betreut.

Die Bildungslandschaft gilt als entscheidender Faktor, um Kinder- und Familienarmut zu bekämpfen, die sich oft von Generation zu Generation überträgt. „Wer keinen Ganztagsplatz bekommt, kriegt oft seinen Job nicht geregelt“, sagte Bernhard von Grünberg (SPD) im Ausschuss.

Besonders armutsgefährdet seien laut dem Bericht der Verwaltung Alleinerziehende und Familien mit vielen Kindern. Manchmal seien ihnen vorhandene kostenlose oder geförderte Bildungsangebote nicht bekannt oder „ihre Wertigkeit“ werde nicht hinreichend akzeptiert.

Über das Netzwerk „Frühe Hilfen“ arbeitet die Stadt mit freien Trägern zusammen, um ab der Schwangerschaft gezielt Hilfe anzubieten. Wichtige Kontaktstellen seien die Familienzentren. In den vergangenen fünf Jahren ist deren Zahl von 28 auf 34 angestiegen, fünf befinden sich laut Stadt im Zertifizierungsverfahren.

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