Kommentar zur Neuvergabe der Rettungsdienste Gut gemeint, aber...

Bonn · Im Streit um die Vergabe von Rettungsdienstaufträgen stärken die Ratsfraktionen den Hilfsorganisationen den Rücken. Über Parteigrenzen hinweg wollen die Politiker, dass das Rettungswesen in den Händen von DRK, Maltesern, Johannitern und Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) bleibt.

Wer mit Blaulicht in die Klinik gefahren wird, will nur eins: Dass das Notfallsystem funktioniert, ganz egal, wer der Arbeitgeber des Sanitäters im Rettungswagen ist. Im Prinzip ist deshalb wenig dagegen einzuwenden, dass ein privater Dienstleister im öffentlichen Auftrag tätig wird. Sanitäter und Rettungsassistenten, die für den expandierenden Falck-Konzern arbeiten, sind fachlich sicher nicht schlechter als ihre Kollegen bei DRK, ASB, Maltesern und Johannitern. Auch die Befürchtung, Falck könnte die Hilfsorganisationen bei Ausschreibungen mit Hilfe von Lohndumping ausstechen, greift im Moment wohl nicht – es gibt zu wenig Personal auf dem Markt, um es schlecht zu bezahlen.

Und doch: Rettungsdienst ist Daseinsvorsorge und für die freien Kräfte des Marktes wohl das falsche Spielfeld. Ein Konzern muss, anders als Hilfsorganisationen, Gewinne machen. DRK & Co. sind zudem tief in der Stadtgesellschaft verwurzelt, die sie etwa mit Sanitätsdiensten bei Festen wie Rhein in Flammen unterstützen. Den Einsatz im Rettungsdienst brauchen die Organisationen auch, um für ihre Mitglieder attraktiv zu bleiben: Viele Rettungssanitäter haben irgendwann als ehrenamtliche Helfer angefangen.

Es gibt also gute Gründe für die Ratsfraktionen, private Konkurrenten abzublocken. Doch das wird erst dann rechtssicher funktionieren, wenn der Europäische Gerichtshof die sogenannte Bereichsausnahme für den Rettungsdienst für zulässig erklärt hat. In der Zwischenzeit ist eine Interimsvergabe mit allen Bewerbern zwingend. So sieht es die maßgebliche Vergabekammer Rheinland, und das hat die Stadtverwaltung dem Rat im Oktober auch klar gemacht. Trotzdem schaltete eine Mehrheit des Rates auf stur, was nun zu einer inakzeptablen Hängepartie ab Januar 2018 führt. Gut gemeint war in diesem Fall exakt das Gegenteil von gut gemacht.

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