Urteil in Bonn Freispruch für Walid S. im Fall Niklas

Bonn · Das Gericht hat Walid S. im Fall Niklas freigesprochen. Für eine andere Tat wurde er dagegen verurteilt. Den Gerichtssaal konnte er jedoch als freier Mann verlassen.

Das Urteil im Prozess um den gewaltsamen Tod des 17-jährigen Niklas Pöhler am 7. Mai 2016 in Bad Godesberg ist gesprochen: Das Bonner Jugendschwurgericht sprach den 21-jährigen Walid S. am Mittwochmittag vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge frei. Der Vorsitzende Richter Volker Kunkel erklärte, dass die Beweise gegen den Angeklagten für eine Verurteilung nicht ausreichten. "Es spricht sogar mehr dafür, dass nicht er es war, der Niklas den Faustschlag versetzte, der schließlich zu dessen Tod führte", stellte der Richter fest.

Diese Entscheidung der Kammer war für niemanden mehr eine Überraschung. Selbst der Staatsanwalt hatte in der vergangenen Woche die Schuld des 21-Jährigen als nicht zweifelsfrei erwiesen bezeichnet und wie der Verteidiger Freispruch in dem Fall beantragt, der bundesweit Schlagzeilen gemacht hatte. Völlig ungestraft kam Walid S. dennoch nicht davon: Das Gericht verurteilte ihn wegen einer am 30.April 2016 begangenen Gewalttat zu einer achtmonatigen Jugendstrafe, die allerdings durch die im Fall Niklas abgesessene Untersuchungshaft von fast zwölf Monaten abgegolten ist. Für die Zeit, die Walid S. zu lange hinter Gittern saß, sprach die Strafkammer ihm eine Entschädigung zu.

Bevor Richter Kunkel die Entscheidung der Kammer begründete, übte er deutliche Kritik an allen, die diesen Fall für ihre Zwecke instrumentalisiert hätten und nannte sowohl Medien als auch Politiker und Geistliche. In den sozialen Medien sei der 21-Jährige regelrecht dämonisiert worden, so der Richter. Es sei der Eindruck entstanden, als sei es den meisten völlig egal, ob der Angeklagte schuldig sei oder nicht. Für schuldig aber hält Niklas' Mutter den 21-jährigen Walid S. nach wie vor, wie ihr Anwalt Thomas Düber zuvor in seinem Plädoyer ausführte.

Denise Pöhler, so der Anwalt, sei davon überzeugt, dass Niklas' Freund als Augenzeuge der Tat Walid S. als Täter identifiziert habe. Sie muss jetzt verarbeiten, dass die Tat vielleicht ungesühnt bleibt. Warum aber genau diese Identifizierung des Freundes als Beweismittel nicht belastbar sei, erklärte Richter Kunkel ausführlich in der mehr als einstündigen Urteilsbegründung. Als freier Mann verließ Walid S. gegen 14.30 Uhr mit seinem Verteidiger Martin Kretschmer das Gerichtsgebäude. Die Staatsanwaltschaft will nun prüfen, wie sie im Fall des als möglicher Täter wieder in den Fokus geratenen 22-jährigen Tunesiers Hakim D. verfährt.

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