Bonner Bäder Fässer ohne Boden

BONN · Die Bonner Bäderfrage hat durch die Zwangsschließung des Kurfürstenbads in Bad Godesberg vor wenigen Wochen eine brisante Aktualität bekommen. Seit Jahren streitet die Kommunalpolitik darüber, wie vor allem mit den maroden Hallenbädern umzugehen ist. Doch solange nichts entschieden ist, wird nur das Nötigste investiert.

Der Sanierungsstau wächst und wächst. Nicht zuletzt durch den Vorstoß des Stadtsportbundes (SSB), ein neues Hallenbad nördlich des Heizkraftwerks Süd in Dottendorf zu bauen, ist wieder Fahrt in die Angelegenheit gekommen.

Der Ist-Zustand: Die Stadt Bonn betreibt mit Ennertbad, Römerbad, Friesdorfer Bad, Melbbad und Panoramabad Rüngsdorf insgesamt fünf Freibäder, hinzu kommt das Hardtbergbad mit seinem Freibadteil. Von Herbst bis Frühjahr stehen den Bürgern die Schwimmhallen Frankenbad, Beueler Bütt, Hardtbergbad und das nun für mindestens ein Jahr geschlossene Kurfürstenbad zur Verfügung. Außerdem unterhält die Stadt fünf Schulschwimmbäder; das marode Bad der Rheinschule musste ebenfalls kürzlich aus Sicherheitsgründen geschlossen werden und wird in den kommenden 14 Monaten saniert.

Ausgaben und Einnahmen: Im vergangenen Jahr hat das Bäderamt 6,1 Millionen Euro in den Betrieb und den Erhalt gesteckt, so die stellvertretende Amtsleiterin Elke Palm. Personalkosten mit 3,4 Millionen Euro sind der teuerste Posten. 2,3 Millionen Euro kommen über Eintritte und Kursgebühren wieder rein. 590.000 Besucher tummelten sich in den Bädern, 273.000 davon in den Freibädern, die nur drei Monate im Jahr geöffnet haben. Statistisch betrachtet leistet sich jeder Bonner einmal im Jahr einen Frei- und einen Hallenbadbesuch.

Hallenbäder aus den 1960er Jahren in schlechtem Zustand

Der Sanierungsstau: Die Hallenbäder aus den 1960er Jahren sind in einem schlechten Zustand. Die aktuellsten Zahlen stammen aus dem Jahr 2012. Das Unternehmen „Adam & Partner“ hatte damals ein Bestandsgutachten erstellt. Demnach müssten 14 Millionen Euro in Sanierung und Modernisierung des Frankenbads gesteckt werden, knapp zehn Millionen in das Hardtbergbad, 9,4 Millionen in das Kurfürstenbad und 2,5 Millionen in die Beueler Bütt, die vor elf Jahren über ein Contracting-Modell energetisch saniert wurde.

Insgesamt also 36 Millionen Euro, allerdings ohne Preissteigerungen bei Handwerkerkosten oder in den vergangenen vier Jahren entstandene Schäden eingerechnet. 26 Millionen Euro stehen zwar im Haushalt für Sanierungen von Hallenbädern bereit. Für die Freigabe braucht es allerdings eine politische Entscheidung. Hinzu kommt, dass Kämmerer Ludger Sander jüngst Geld für ein neues Kassensystem für die Schwimmbäder (fast 500.000 Euro), eine neue Filteranlage für das Hallenbad Beuel (140.000 Euro) und eine Sanierung der Sprungtürme im Ennertbad (48.000 Euro) sowie im Melbbad (18.000 Euro) mit Blick auf den klammen Haushalt gestrichen hat.

Regelung der Filter immer noch per Hand

„Die Lüftungs- und Regelungsanlagen der Hallenbäder müssen dringend ausgetauscht werden“, sagt die stellvertretende Chefin des Städtischen Gebäudemanagements (SGB), Marion Duisberg. „Die haben 50 Jahre und mehr auf dem Buckel.“ Im Hardtberg- und Kurfürstenbad sei die Elektrotechnik zwar durch eine stets verschlossene Tür vom Publikum abgetrennt. Aus heutiger Sicht sei aber eine sogenannte Einhausung notwendig. Die Regelungen der Filteranlagen führen die Badangestellten teilweise noch händisch aus. In modernen Bädern geschieht das vollautomatisch. Im Frankenbad müsste zusätzlich das Flachdach repariert werden. Klar ist: Mit Hilfe der vielen Millionen Euro würden die Hallenbäder technisch auf einen neuen Stand gebracht werden können, aber nicht attraktiver für die Badegäste.

Was passiert nun? Das SGB will die Freibadsaison nutzen, um die Hallenbäder auf Herz und Nieren zu prüfen. Zurzeit gebe es keine direkten Anhaltspunkte, dass weitere Hallenbäder vor der Schließung stünden, sagt Sportdezernent Martin Schumacher. „Aber es muss dringend etwas passieren. Die Aufenthaltsqualität in den Hallenbädern ist nicht gut. Wir brauchen ein urbanes Schwimmbad. Ideal wäre aus Sicht der Verwaltung ein Neubau als Kombibad.“ Allerdings muss eine politische Entscheidung her. Verwaltung und Ratsmehrheit favorisieren die Variante, einen wie auch immer gearteten Neubau zu errichten und im Gegenzug Kurfürstenbad und Frankenbad zu schließen. Konsens ist das aber nicht, die SPD setzt auf die Sanierung der bestehenden Hallenbäder und deren Erhalt.

Der Neubau eines Bades: Die Verwaltung hat den Auftrag der Politik erhalten, eine Machbarkeitsstudie für einen Neubau am Heizkraftwerk Süd in der Christian-Miesen-Straße bis zur ersten Ratssitzung nach den Sommerferien zu erarbeiten. Das wäre dann am 22. September. Der Auftrag bezieht nicht nur die Prüfung für ein Hallenbad mit ein, sondern auf Wunsch der Koalition auch die für einen Freibadteil. Kosten von 16 Millionen Euro hatte Dezernent Schumacher schon mal grob für ein neues Hallenbad mit einem 50-Meter- oder zwei 25-Meter-Becken genannt. Nur eine Hausnummer, das tatsächliche Investitionsvolumen hängt von der genauen Planung ab. Der größte Teil des infrage kommenden Geländes in Dottendorf gehört den Stadtwerken Bonn.

Die Stadtwerke als Badbetreiber

Laut Georg Fenninger, Fraktionsgeschäftsführer der CDU, müsste für ein Kombibad zusätzlich ein Trainingsplatz auf städtischem Grundstück weichen. Die Genehmigungsfähigkeit wird stärker von Lärmgutachten abhängen, es gibt schließlich direkte Nachbarn. Einer Kombilösung ist der Stadtsportbund zwar nicht gänzlich abgeneigt. Er befürchtet bei einer großen Lösung allerdings, dass die Schließung eines oder mehrerer Freibäder wieder auf die Tagesordnung käme und eine baldige Lösung wieder in weite Ferne rückt.

Den Stadtwerken Bonn könnte nicht nur die Rolle des Aufbaus zufallen, damit die Synergieeffekte mit dem Heizkraftwerk gut genutzt werden können, sondern auch die als späterer Betreiber der technischen Anlagen. Ein steuerlicher Querverbund wird geprüft – also die Möglichkeit der SWB, etwaige Verluste aus einem solchen Betrieb zu verrechnen. Die SPD fordert seit Jahren, die städtischen Bäder in eine GmbH unter dem Dach der SWB auszugliedern. Damit hätten einige andere Städte gute Erfahrungen gemacht.

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