Bonn vor 60 Jahren Diplomatenfilm für Englands Premierminister

Bonn · Er ist der typische englische Gentleman: groß und gut gebaut, grauhaarig, mit Schnauzbart, Hornbrille und der Haltung eines Gardeoffiziers. So beschreibt der General-Anzeiger im Mai 1957 den britischen Premierminister Harold MacMillan zu Beginn von dessen dreitägigem Staatsbesuch in der Bundeshauptstadt.

Harold MacMillan grüßt Bonn: Der britische Premierminister (l.) mit Bundeskanzler Konrad Adenauer.

Harold MacMillan grüßt Bonn: Der britische Premierminister (l.) mit Bundeskanzler Konrad Adenauer.

Foto: Archiv/Heinz Engels

Es ist die erste Reise dieser Art, bekleidet der 63-jährige Gardeoffizier a.D. das Amt doch erst seit einem halben Jahr. Doch der britische Drei-Sterne-General macht sich gut – und das nicht nur beim Abschreiten der militärischen Ehrenformation auf dem Flughafen Köln-Wahn. Elegant und mit unverhohlener Sympathie für Deutschland durchschreitet er den „Diplomatenfilm“, den die Protokollchefs für den hohen Gast vorbereitet haben.

Bei Englandwetter auf dem Flughafen spricht MacMillan von der „menschlichen Tragödie der verhinderten Wiedervereinigung“ Deutschlands, von seinem ersten Besuch vor drei Jahren, als er noch Wohnungsbauminister war, von der Bereitschaft, gemeinsam politische Ziele zu erreichen. Bundeskanzler Konrad Adenauer erinnert metaphorisch daran, dass MacMillan als Architekt gekommen sei, um den gemeinsamen politischen Bau voranzutreiben. Adenauer dankt für die optimistischen Worte hinsichtlich der Wiedervereinigung.

MacMillan besucht den Kanzler im Palais Schaumburg, wohnt jedoch in der Residenz des britischen Botschafters Sir Christopher Steel in Bad Godesberg. Im Vordergrund des Protokolls stehen politische Gespräche, doch es folgen auch eine Rheinfahrt mit der „Köln“, ein Empfang in der britischen Botschaft und Besuche in den Rathäusern von Bad Godesberg und Bonn. Mit markanten Zügen trägt sich MacMillan in die goldenen Bücher ein.

Mit dem Doppeltriebwagen von Bahnsteig 1 verlässt der Premier die Stadt am dritten Tag. Das hübsche Bonn habe ihm sehr gefallen, meint er. Mit viel Sonne verabschiedet die Hauptstadt ihren Ehrengast.

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