Traum vom eigenen Haus Das erleben Interessenten bei der Suche nach einem Haus in Bonn

Bonn/Niederkassel · Das Angebot knapp, die Nachfrage riesig – die Preise für Wohneigentum in Ballungsgebieten erreichen immer absurdere Höhen. Zwei Paare berichten vom Scheitern und Erfolg bei der Haussuche.

Es war Liebe auf den ersten Blick. Knapp 130 Quadratmeter Wohnfläche vereinte die sanierte Doppelhaushälfte aus dem Jahr 1938 in zentraler Bonner Lage. Ein großer Garten und ein Kaufpreis noch gerade innerhalb des eingeplanten Budgets. 475 000 Euro wies das Maklerexpose aus. „Es passte einfach alles: Lage, Objekt, Preis“, erinnert sich Stefan Ortmann. „Wir sind sicher naiv an die Sache herangegangen. Mit dem heutigen Wissen, wäre uns klar gewesen: Das war zu schön um wahr zu sein“, sagt Ortmanns Freundin Jelena Reinhardt (Namen geändert).

Vor eineinhalb Jahren hatte das Lehrerpaar aus Bonn in Erwartung des ersten Nachwuchses den Entschluss gefasst, sich nach Studium, Referendariat, und wechselnden Wohnorten in Bonn oder der nahen Umgebung niederzulassen. Angefangen haben die beiden mit einer Suche auf Immobilienportalen im Internet. „Wir haben erst einmal ganz ohne Druck gestöbert“, so Reinhardt. Dabei kam aber ein echter Treffer heraus. Sofort rief das Paar bei dem Makler an. Der bot direkt eine persönliche Besichtigung an – als Einzeltermin, erinnert sich Ortmann. „Als wir zum vereinbarten Termin ankamen, wussten wir vor lauter anderen Autos nicht, wo wir parken sollten“, so der 36-Jährige. Aus der versprochenen Einzelbesichtigung war ein Massentermin geworden. Gemeinsam mit rund 20 weiteren Interessenten durften sich die beiden im Haus umschauen.

Verkauf im verdecktem Bieterverfahren

„Wir sind keine Experten, aber einige Mängel, von denen im Expose natürlich keine Rede war, waren bereits mit bloßem Auge zu sehen,“ so Reinhardt . Darunter ein circa ein Meter großes Loch in einer Wand im Keller und teilweise fehlende Wärmeisolierung. Den beiden war klar: Sie würden das Haus bei einer weiteren Besichtigung zunächst mit einem Sachverständigen begehen, in der Hoffnung den Kaufpreis noch verhandeln zu können. Stattdessen wartete auf die beiden eine Überraschung. Der Makler teilte kurzerhand mit, dass das Haus in einem verdeckten Bieterverfahren verkauft würde. „Davon war im Expose nicht die Rede“, sagte Ortmann. „Wir hatten drei Tage Zeit, um ein Gebot abzugeben.“ Statt wie geplant die Immobilie von einem Gutachter schätzen zu lassen und an dem ausgeschriebenen Kaufpreis noch feilschen zu können, gab das Paar unter Zeitdruck ein Gebot ab, das 20 000 Euro über dem Kaufpreis lag. „Das war für uns obere Schmerzgrenze“, so Ortmann. „Schließlich kamen noch weitere Kosten für Makler und Steuern obendrauf.“ Der von ihrem Bankberater aufgestellte Finanzierungsplan sah eine monatliche Rate von 1600 Euro vor. „Unser damaliges Eigenkapital von 20 000 Euro, hätten wir im Notfall noch mit Hilfe meiner Eltern aufstocken können“, sagte Reinhardt.

„Die Erfahrung zeigt, man sollte immer zehn bis 15 Prozent für Kauf- beziehungsweise Baunebenkosten einrechnen“, sagt Ralf Scherfling, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale NRW. Darunter fallen etwa die Maklercourtage, die Grunderwerbssteuer oder die Notarkosten. Der Idealfall sei, dass man genügend Eigenkapital mitbringt, um die Kaufnebenkosten und noch 20 Prozent des Kaufpreises zu zahlen. „Auch wenn ich mich für eine relativ neue Immobilie entscheide – irgendwann werden auch da Renovierungs- oder Instandhaltungsarbeiten nötig“, sagt Scherfling. „Die Faustregel lautet: jeden Monat einen Euro pro Quadratmeter an die Seite legen.“ Insgesamt sollte man nicht mehr als 35 bis 40 Prozent vom verfügbaren Einkommen fürs Wohnen einplanen.

"Für eine halbe Million gibt es einfach nicht viel"

Am Ende erfuhren Ortmann und Reinhardt weder wie viele Parteien sich am Bieterverfahren beteiligten noch wo das Höchstgebot lag. Klar war nur: die Suche nach dem Eigenheim musste weiter gehen. Etwa zehn weitere Objekte haben Reinhardt und Ortmann, die inzwischen Eltern geworden sind, seitdem besichtigt, bislang ohne Erfolg. Ihren Suchradius haben die beiden inzwischen auch auf Ortsteile am Bonner Stadtrand und das linksrheinische Umland ausgeweitet. „Wir haben uns direkt an Maklerbüros gewandt, in Karteien aufnehmen lassen, prüfen regelmäßig Immobilienbörsen und Kleinanzeigen“, sagt Reinhardt . „Für eine halbe Million gibt es heute einfach nicht viel.“ Heute setzen sie verstärkt auf direkte Kontakte, streuen ihr Kaufinteresse in ihren beruflichen sowie privaten Netzwerken. Aus bisherigen Erfahrungen haben sie gelernt. „Wir sind entspannter geworden, lassen uns bei der Entscheidung nicht mehr unter Druck setzen“, sagt die 31-Jährige.

Mit Bauträger zum Haus im Neubaugebiet

Den 19. Juli werden Ramon Wiener und Nicole Antoni in guter Erinnerung behalten. Damals konnten sie ihr Eigenheim am Ortsrand von Niederkassel beziehen. Ein freudiger Tag, der einen neuen Lebensabschnitt markierte. Noch gibt es noch einige Restarbeiten im Haus zu erledigen, und auch der Garten will noch gestaltet werden. Das junge Paar hat sich in einem Neubaugebiet niedergelassen. „Unsere neuen Nachbarn kommen aus Troisdorf, aus Köln und Leverkusen, weniger aus Niederkassel“, berichtet der Fachinformatiker Wiener (29). Er und seine Partnerin suchten das neue Zuhause vorzugsweise in Niederkassel, da beide dort familiär und im Vereinsleben verwurzelt sind. Also konzentrierten sie sich bei der Suche auf die Stadt, die derzeit auch bei Bonnern und Kölnern stark gefragt ist. Einst als „Balkan“ verspottet, ist die Gegend wegen ihrer Lage am Rhein und ihrer Nähe zu den Zentren inzwischen beliebt. Folglich hat der Druck auf dem Immobilienmarkt die Preise in die Höhe getrieben.

Da liege der Kaufpreis für ein 40 Jahre altes Einfamilienhaus mit Modernisierungsbedarf schon mal jenseits der 400 000 Euro, berichtet das Paar. Bei solch einem Angebot lehnte es dankend ab. „Dieser Preis wurden schließlich von Interessenten aus Köln bezahlt“, berichtet Antoni. Trotz einiger Rückschläge bei der Suche gab das Paar aber nicht auf. Irgendwann kam ihm der Gedanke, selbst zu bauen. Es informierte sich über Baufinanzierung und sammelte Ideen, zum Beispiel bei einem Fertighausausstellung in Frechen. „Als wir dort einem Berater sagten, dass wir in Niederkassel ein Haus für 300 000 Euro haben wollen, hat der nur gesagt: 'Träumen Sie weiter'“, erzählt die 25-jährige Fachangestellte für Bäderbetriebe.

Aber dann hatten die beiden Glück. Sie stießen auf ein Neubaugebiet in Niederkassel, das von einem Bauträger realisiert wurde. Dieser ist Franchisepartner eines bundesweit tätigen Massivhausherstellers. In dem Gebiet gab es nur noch wenige freie Grundstücke. Plötzlich schien alles ganz einfach zu sein – zu einfach, fand das Paar anfangs. Erst sucht man mehr als ein Jahr, und dann bekommt man auf dem Silbertablett das passende Grundstück am gewünschten Ort? „Wir trauten dem Braten erst nicht und erbaten uns eine Woche Bedenkzeit“, so Ramon Wiener. Doch das Angebot hatte Bestand, und es gab keinen Zweifel an seiner Seriosität.

Schließlich entschieden die die beiden Niederkasseler für ein Haus mit 138 Quadratmetern Wohnfläche, ohne Keller. Erster Spatenstich war im Dezember. Das Grundstück ist 418 Quadratmeter groß, es kostete 135 000 Euro. Hinzu kommen 190 000 Euro für das Haus, plus Nebenkosten. „Wir haben durch Eigenleistung einiges gespart“, sagt Wiener, der handwerklich versierte Bekannte hat. Gemeinsam zog man sogar die Klinkerfassade hoch. Insgesamt, schätzt Wiener, seien durch Eigenleistung Kosten in Höhe von rund 10 000 Euro gespart worden. Dennoch ging, wie bei jedem Bau, einiges schief: von der Bauverzögerung durch Frost im Frühjahr über falsch gesetzte Türrahmen bis hin zur Lieferzeit der Garage; diese verdoppelte sich von sechs auf zwölf Wochen. Wiener nimmt es inzwischen mit Humor. „Man baut zweimal im Leben – das erste Mal nur zum Üben.“

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