Radarkontrollen in Bonn Bonner Blitzer fahren pro Jahr Millionen ein

Bonn · In drei Monaten haben Raser die Radaranlage am Trajektknoten mehr als 23.600 Mal ausgelöst. Blitzer spülen in Bonn jährlich mehrere Millionen Euro in die Stadtkasse.

Fast minütlich schießt das grelle rote Licht aus dem Anhänger am Trajektknoten. Mehr als 23.600 Geschwindigkeitsverstöße hat die mobile Radaranlage seit Juni laut Stadt protokolliert. Sie verweist darauf, dass Blitzer nur dort aufgestellt werden dürfen, wo eine erhöhte Unfallgefahr anzunehmen ist. Gleichzeitig setzen die Verkehrsdienste auf Transparenz und kündigen die Messstellen im Internet an.

Wo in Bonn Blitzer aufgestellt werden, mag willkürlich wirken. „Die Stadt darf aber nicht überall blitzen“, erklärt Carsten Sperling von den Bonner Verkehrsdiensten. Es gibt eine Verwaltungsvorschrift im Ordnungsbehördengesetz. Beispiel Trajektknoten: Dort steht der weiß-graue Blitzer-Anhänger seit Juni. „Weil es sich um eine Unfallhäufungsstelle handelt“, sagt Sperling. 2015 hat es dort 22 Mal gekracht, 2016 insgesamt 26 Mal. Und im ersten Quartal 2017 gab es am Trajektknoten in Fahrtrichtung Bad Godesberg sieben Unfälle.

Ist der Blitzeranhänger an dieser Stelle dann überhaupt sinnvoll positioniert? Trotz der Messanlage, die dort auch schon im vergangenen Jahr stand, scheinen die Unfallzahlen nicht zurückzugehen. „Das ist bedauerlich“, heißt es von der Stadt. Ein Grund für die Unfälle sei die Einfahrtsgeschwindigkeit in den Kreisel. Ist sie zu hoch, sei es nicht möglich, im Kreisverkehr die Fahrspur zu halten. „Solange sich Autofahrer nicht an die Geschwindigkeiten halten, wird es mutmaßlich weiterhin Unfälle geben.“

Blitzen an Gefahrenstellen soll Unfälle verhindern

Mit dem Blitzer möchte die Stadt Autofahrer sensibilisieren, sich an das vorgeschriebene Tempo 50 zu halten. Sollte das nicht funktionieren, müssten andere Maßnahmen ergriffen werden. Denkbar wäre, die Geschwindigkeit im Kreisel auf 40 oder 30 Stundenkilometer zu reduzieren – die Stadt zieht derzeit alle Möglichkeiten zur Verhinderung von Unfällen in Betracht.

Die Entscheidung, wo geblitzt wird, fällen die Verkehrsdienste und die Polizei. „Wir prüfen, ob eine Gefahrenstelle vorhanden ist, an der geblitzt werden kann, um die Unfallgefahr zu senken“, erklärt Sperling. Als Gefahrenstellen gelten auch Straßen vor Schulen, Spielplätzen, Kindertagesstätten oder Seniorenheimen. Überall dort, wo die Straße „von besonders schützenswerten Verkehrsteilnehmern frequentiert“ wird. Auch Strecken, in denen „überdurchschnittlich häufig“ Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt werden. Das werde laut Sperling „über Verkehrszählgeräte ermittelt“. Auch Engpässe an Baustelle würden häufig überwacht. Für Messstandorte auf Autobahnen müssen zusätzlich die Bezirksregierung und Straßen NRW zustimmen.

„An einzelnen Einsatztagen kann es kurzfristige Änderungen geben, aber grundsätzlich werden alle geplanten Standorte veröffentlicht“, sagt Sperling. So, wie es die Verwaltungsvorschrift im Ordnungsbehördengesetz vorsehe, um auf Gefahrenstellen hinzuweisen. Wie die Veröffentlichung auszusehen hat, gibt das Landesinnenministerium nicht vor – und ist deshalb von Kommune zu Kommune unterschiedlich. So stehen die Blitzer in Köln stets ganz oben auf der Internetseite, genau wie bei der Polizei in Bonn.

Die Stadt Bonn hat auf ihrer Homepage eine eigene Blitzer-Unterseite, die meistens mit einem Button auf der Startseite angekündigt wird. Ist dort kein Platz, weil andere Themen wichtiger sind, fällt der Button weg. „Fakt ist, dass die Suche auf www.bonn.de am häufigsten genutzt wird, um Themen auf unserer Seite zu finden“, erklärt Stefanie Zießnitz vom Presseamt. Wer dort „Blitzer“ oder „Messstellen“ eingibt, landet sofort auf der entsprechenden Seite.

Tarnung der Blitzer verhindert Vandalismus

Am Trajektknoten hat es seit Anfang Juni 23.600 Mal geblitzt. Geht man von einem durchschnittlichen Bußgeld von 20 Euro aus, macht das 472.000 Euro. Wie hoch die monatliche Miete für das Gerät der Firma Vetro aus Wismar ist, dazu gibt die Stadt aus vertraglichen Gründen keine Auskunft. Klar dürfte sein: Es lohnt sich. Wer einen Blitzer-Anhänger kaufen möchte, muss dafür zwischen 100.000 und 150.000 Euro zahlen. „Der Preis variiert je nach Ausstattung“, erklärt Thomas Fabricius, Sprecher der Firma Vetro. Der Vertrag zwischen Stadt und Vetro gilt für ein Jahr. Darin sind auch Wartung, Schulungen für die städtischen Mitarbeiter und Ersatz bei Ausfall enthalten.

Vetro vermietet noch weitere Blitzer an die Stadt. Dazu zählen beispielsweise die schwarzen Säulen an der B9 zwischen Bad Godesberg und Mehlem. Die Polizei Rheinland-Pfalz hat zehn der Geräte direkt gekauft. In Frankreich sind rund 300 Geräte vor allem an Autobahnen im Einsatz“, sagt Fabricius. Das liege daran, dass die Blitzer-Anhänger genau für diesen Zweck in Frankreich entwickelt wurden.

Ihr Tarnkappen-Aussehen sei ausschließlich funktional. „Durch diese Bauweise sind sie gut gegen Vandalismus geschützt.“ Millimeterdicker Stahl und Spezialglas würden vor Angriffen schützen, sogar eine Feuerlöschanlage sei im Inneren installiert. Die Anhängerkupplung sei verkleidet, damit das etwa 1,3 Tonnen schwere Gerät nicht weggezogen werden könne. Ein Großteil des Gewichts entfalle auf die Batterien, die den Blitzer eine Woche lang mit Strom speisen können. „Zu versuchen, den Blitzer und damit sein Foto zu zerstören, ist sinnlos“, sagt Fabricius. Die Aufnahmen würden per Funk direkt an die Stadt Bonn geschickt.

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