Staatsanwaltschaft ermittelt Betrugsverdacht nach Bonner Putz-Affäre

Bonn · Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugsverdachts gegen die Stölting Service Group aus Gelsenkirchen. Hintergrund ist offenbar die Affäre um überteuerte Dienstleistungen für Bonn.

Die Ermittlungen der Bonner Staatsanwaltschaft haben den Konzern aus Gelsenkirchen kalt erwischt. „Das Verfahren ist uns erst seit wenigen Tagen bekannt und erfüllt uns mit einiger Verwunderung“, erklärt Christian Große Kreul, der Leiter der Rechtsabteilung der Stölting Service Group GmbH. Bereits seit Mai hat die Staatsanwaltschaft einen Geschäftsführer des Unternehmens wegen des Verdachts des Betruges im Visier. „Die Ermittlungen dauern noch an“, bestätigt Behördensprecher Sebastian Buß entsprechende GA-Informationen – ohne ins Detail zu gehen.

Hintergrund ist offenbar die Affäre um überteuerte Stölting-Dienstleistungen für die Stadt Bonn. Der Konzern hatte 2014 Reinigungsaufträge für rund 40 Gebäude übernommen, darunter viele Schulen und Kindergärten. Nach einer schweren Panne im Städtischen Gebäudemanagement Bonn (SGB) konnte Stölting fast ein Jahr lang Rechnungen ausstellen, die bis zu 30 Prozent über dem Marktüblichen lagen, wie das Rechnungsprüfungsamt (RPA) später feststellte. So wurden nach Stadtangaben Sonn- und Feiertagszuschläge gewährt, die niemals angefallen waren. Der Stundensatz stieg damit von ursprünglich vereinbarten 16 auf satte 23 Euro pro Stunde. Laut RPA kostete in einem Fall die Reinigung ein und desselben Gebäudes sogar 1456 Euro (42 Prozent) im Monat mehr als beim vorherigen Auftragnehmer.

Doch weil auch die Kontrolle im SGB versagte, fiel der Fehler erst nach einem Hinweis der Linksfraktion auf. Trotzdem bestand Stölting auf dem überhöhten Stundensatz. Die Stadtverwaltung strebte einen Vergleich mit dem Konzern an, wurde aber von den empörten Ratsfraktionen gestoppt – die zudem das RPA alarmierten.

Stölting hält sich bedeckt

Als Antwort stellte Stölting im Mai 2016 plötzlich seine Putzdienste für die Stadt ein. Die Kommune musste kurzfristig eine Ersatzfirma suchen, was Zusatzkosten von rund 100.000 Euro verursachte. Beide Seiten verklagten sich gegenseitig vor dem Landgericht, das im Februar 2018 einen Vergleich anregte. Ergebnis: Stölting stimmte einer Zahlung von 24.500 Euro an die Stadt zu. Bonn musste aber allein an Anwaltskosten 16 000 Euro aufbringen und blieb unter dem Strich auf einem Schaden von etwa 200.000 Euro sitzen.

„Wenn sich der Betrugsverdacht bestätigt, wäre der geschlossene Vergleich noch ärgerlicher für Bonn, als er sowieso schon ist“, sagt Sebastian Kelm von den Sozialliberalen. Er hatte schon im April 2017 im Namen seiner Fraktion Strafanzeige gegen den Konzern und leitende SGB-Mitarbeiter erstattet, um das „Chaos“ der Stölting-Affäre von außen durchleuchten zu lassen. Das Verfahren gegen die SGB-Mitarbeiter stellte die Staatsanwaltschaft allerdings vor vier Monaten ein: Es gebe keinen hinreichenden Tatverdacht auf Untreue zum Nachteil der Stadt.

Stölting hält sich zu den laufenden Ermittlungen bedeckt. „Wir haben noch keinerlei Detailkenntnisse und können daher einen Zusammenhang mit einem im Frühjahr diesen Jahres einvernehmlich abgeschlossenen Zivilprozess weder herstellen noch bestätigen“, teilt Christian Große Kreul mit.

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