Keine Chance mit dem Rollator Beschwerden über kurze Grünphasen an Bonner Ampeln

Bonn · Die Stadtverwaltung soll die Grünphasen bei Fußgängerampeln in Bonn überprüfen. Oftmals zeigen diese schon Rot an, obwohl Fußgänger noch zur anderen Straßenseite gehen.

Fußgänger in Bonn haben oftmals das Gefühl, an Ampeln zu lange warten zu müssen oder zu wenig Zeit zu haben, die Straßen innerhalb der Grünphase überqueren zu können. Weil sich die Beschwerden häufen, fordert die Ratskoalition in einem Antrag, die Stadtverwaltung solle die Länge der Grünphasen von Fußgängerampeln überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Laut CDU, Grünen und FDP müsse eine ausreichende Dauer der Tatsache Rechnung tragen, dass Menschen mit Mobilitätseinschränkungen Straßen langsamer überqueren als andere. In einer alternden Gesellschaft betreffe dies immer mehr Menschen. Darauf schlussfolgerte die Verwaltung in einer detaillierten Stellungnahme für den Planungsausschuss, dass die Stadt bereits vor Jahrzehnten eine „überaus fußgängerverkehrsfreundliche Schaltung“ eingeführt habe, die auch „im Interesse des Komforts für Fußgänger stets beibehalten“ wurde.

Keine Chance mit dem Rollator

Die 77-jährige Irene Pfau wohnt in der Altstadt und hat soeben vergeblich versucht, in einer Grünphase den Berliner Platz am Stadthaus in Richtung Innenstadt City zu überqueren. „Das gelingt mir eigentlich nie.“ Pfau bewegt sich mit ihrem Rollator zwar behände, muss aber dennoch meist die Stadtbahnhaltestelle inmitten der Oxfordstraße als Pause bei ihrer Straßenüberquerung nutzen. Für Pfau sind die Grünphasen „eindeutig zu kurz“. Kaum habe sie die Hälfte der Straße erreicht, schalte die Ampel auf Rot. Was sie als Kritik äußert, entspricht jedoch recht genau der Planung von Verkehrsexperten, die zunächst einmal feststellten, dass die entsprechenden Mindestanforderungen hinsichtlich der Fußgänger-Grünzeiten an praktisch allen Bonner Anlagen deutlich übertroffen würden.

Die Einschränkung: Ausnahmen würden „einige wenige Anlagen“ bilden, „die sich an oder über der Grenze der Leistungsfähigkeit befinden und an denen insbesondere der ÖPNV durch längere Fußgängergrünzeiten beeinträchtigt würde.“ Das betreffe insbesondere auch die Anlage Berliner Platz/Oxford-/Maxstraße, an der die Grünzeiten zwar den Anforderungen der Richtlinie für Lichtsignalanlagen vollumfänglich entsprächen, dort jedoch „bereits auf Rot wechseln, wenn die Hälfte der Fahrbahn gequert wurde, sofern für mindestens fünf Sekunden Grün gezeigt wurde“

Fußgänger seien aber nicht gefährdet, da während der Zwischenzeit sowohl die Fußgänger- als auch die Kfz-Signale Rot zeigten. Deshalb könnte die Querung auch dann sicher beendet werden, wenn die Fußgängerampel unmittelbar nach Betreten der Fahrbahn auf Rot wechsele.

Autoverkehr wird als aggressiver wahrgenommen

„Ich fühle mich aber gestresst, wenn ich noch bei Rot auf der Straße bin“, sagt Margit Gebauer und gibt damit ein Gefühl vieler Befragter wieder. Die vielfach an Fußgängerampeln angebrachten Schilder, die darauf hinweisen, „Nur bei Grün – sei den Kindern ein Vorbild“, verfehlen nicht ihre Wirkung. Zu sehr scheint man verinnerlicht zu haben, dass eine Straße bei Rot nicht (mehr) betreten werden darf. Auch Olga Mishchenko, die mit ihrer knapp dreijährigen Tochter Roxana gerade die Oxfordstraße überquerte hat, empfindet die Grünphasen als „viel zu kurz“. Wie sie haben einige der befragten Fußgänger den Eindruck, dass der Autoverkehr zunehmend aggressiver würde. „Die fahren ja bei Grün los, egal, ob da noch jemand auf der Straße ist“, ärgert sich Studentin Viola und sagt, dass es am Bertha-von-Suttner-Platz noch viel schlimmer sei.

Das bestätigt dort Gert Reimers. Von der Stadtbahnhaltestelle kommend, überquert der Troisdorfer täglich die Oxfordstraße in Richtung Bonngasse und kritisiert zudem „rücksichtsloses Verhalten“ der aus der Kölnstraße kommenden Linksabbieger. „Hier ist es überdeutlich, dass die Stadt bei der Ampelschaltung den Autoverkehr priorisiert“, sagt er.

Mehrfache Zeitnahmen ergaben, dass die Grünphase für die Überquerung der Oxfordstraße (inklusive der Stadtbahninseln) zwischen 24 und 26 Sekunden liegt. Was zunächst recht komfortabel erscheint, erweist sich in der Praxis jedoch als zu kurz, um bei Grün die andere Straßenseite zu erreichen. Erst in zügigem Laufschritt wird dies möglich. Senioren und Menschen mit Gehbehinderung oder Eltern mit Kindern bleibt dieses Erfolgserlebnis jedoch nicht vergönnt.

Planungsausschuss berät am Mittwochabend

„Es wäre gut, wenn mit dem Gespringe bald Schluss wäre“, wünscht sich die gehbehinderte Karin Lindner. Die 75-Jährige, die es auf dem Weg vom Martinsplatz über die Straße Am Hof nicht geschafft hat, die sichere Seite in knapp zehn Sekunden der Grünphase zu erreichen. „Für mich ist die Schaltung okay“, sagt dagegen Michael Mohr. „Aber wäre es denn so schlimm, wenn die Autofahrer fünf Sekunden länger warten müssten, damit sich auch ältere Mitbürger sicher fühlten?“

Genau über diese Frage werden die Politiker an diesem Mittwoch im Verkehrsausschuss beraten. Die Sitzung beginnt um 18 Uhr im Stadthaus. Dabei geht es auch um den Fußgängerüberweg am Adenauerplatz in Beuel, den die Verwaltung schließen möchte.

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