Gemeinden werden neu gegliedert Auf Bonner Katholiken kommen Veränderungen zu

Bonn · Sendungsraum lautet der neue Begriff, an den sich zumindest die Katholiken in Bonn gewöhnen müssen. In fünf dieser Bereiche soll das katholische Leben in Bonn nach aktuellem Stand künftig gegliedert werden.

Eine weitere Fusion bestehender Gemeinden sei dies ausdrücklich nicht, betonte Stadtdechant Wolfgang Picken am Dienstag. Zugleich aber verhehlt auch er nicht, dass sinkende Priesterzahlen und schrumpfende Gemeinden Auslöser des Prozesses im gesamten Erzbistum sind. Sichtbar werden die Veränderungen nicht zuletzt anhand der Zahl der leitenden Pfarrer: Nur noch einen soll es nach den Plänen aus Köln in jedem der fünf Bonner Sendungsräume geben.

Sachstand: Dass das Thema auch auf Bonn zukommen würde, war bekannt. Schon seit dem Amtsantritt von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki genießt die Reaktion auf die schwieriger gewordenen Rahmenbedingungen unter dem Begriff „Pastoraler Zukunftsweg“ oberste Priorität. Inzwischen sind Vertreter der Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände sowie der pastoralen Mitarbeiter informiert. Bis mindestens Anfang 2020 soll nun mehrfach eine Steuerungsgruppe der leitenden Pfarrer unter Beteiligung von Laienvertretern und pastoralen Mitarbeitern tagen; zudem sind sogenannte Sendungsraumkonferenzen geplant. Einzige Vorgabe aus Köln ist es laut Picken, dass die Anzahl der Sendungsräume in Bonn bei höchstens fünf liegen soll. Über den exakten Zuschnitt könne dabei im Einzelnen durchaus noch verhandelt werden.

Sendungsräume: Gemeint ist damit ein Gebiet, in dem bisherige Seelsorgebereiche (SB) zusammenarbeiten und in dem es eine gemeinsame Verantwortung in Gestalt jeweils eines leitenden Pfarrers gibt. „Es handelt sich ausdrücklich nicht um eine Fusion“, sagte Picken. Vielmehr sollen die heute bestehenden Pfarreien – bekanntlich ihrerseits durch Fusionen im Zuge des Prozesses „Zukunft heute“ vor rund 15 Jahren entstanden – in ihrer Gestalt erhalten bleiben. Das bedeutet: An den Strukturen der heutigen Pfarreien und Seelsorgebereiche mit ihren Laiengremien ändert sich nichts.

Gleichwohl wird es auch im Sendungsraum darum gehen, welche Ressourcen in ihm verfügbar sind und wie sie sich künftig verteilen lassen. Vier der fünf Bonner Sendungsräume sind mit der Versorgung von rund 25 000 Gläubigen etwa gleich groß; lediglich der Sendungsraum Bonn-Zentrum mit der Zusatzaufgabe des Stadtdekanats fällt deutlich kleiner aus. Zum Vergleich: Der Sendungsraum Köln-Innenstadt hat 40 000 Gläubige zu betreuen.

Aufgaben: Die neue Struktur als reines Rückzugsmanöver in Reaktion auf Sparzwänge zu verstehen, greife zu kurz, sagte Picken. Denn ebenso würden die äußeren gesellschaftlichen Veränderungen die Kirche zur Neupositionierung zwingen. „Kirche in einer veränderten Gesellschaft kann nicht die Kirche von gestern sein“, sagte Picken und verwies auf die Versorgung Alter und Kranker sowie all derer, die „im Kontrast zu politischen und wirtschaftlichen Erfolgsmeldungen auf der Strecke bleiben“. Letztlich finde sich die Kirche hier „in ihrem Kerngeschäft“ wieder, meinte der Stadtdechant. Inwieweit dies in größeren Strukturen auch faktisch vermittelbar sein wird, wird nun der Überzeugungsarbeit der Verantwortlichen obliegen. Mancher Katholik dürfte jetzt die Befürchtung hegen, dass die Sendungsräume doch nur eine Vorstufe zu neuen Großgemeinden sein könnten.

Muster Bad Godesberg: Was die Veränderung für die Bonner konkret bedeutet, lässt sich in Bad Godesberg ablesen, wo der bestehende Seelsorgebereich deckungsgleich mit dem künftigen Sendungsraum sein soll. Nach dem teilweise hart umkämpften Fusionsprozess („Zukunft heute“) und der Bildung einer großen Gemeinde (Seelsorgebereich) seien dort auch Kräfte freigesetzt worden, sagte Picken aus eigener Erfahrung. Unter seiner Ägide als Dechant und leitender Pfarrer in Bad Godesberg hat die Katholische Kirche dort in den vergangenen Jahren eine Reihe neuer Projekte und Angebote entwickelt – von der Verköstigung im „Suppenhimmel“ bis hin zum Runden Tisch der Flüchtlingshilfe.

Personal: In jedem der fünf Sendungsräume wird einer der dortigen Geistlichen zum leitenden Pfarrer ernannt werden. Konkrete Veränderungen im gesamten Personaltableau sind derzeit nur bedingt absehbar. Fest steht laut Picken aber, dass die Pfarrerstellen im Seelsorgebereich Am Ennert und in der Pfarrei Sankt Petrus nicht mehr separat besetzt werden, beide Gemeinden erhalten vorerst für ein Jahr einen Pfarrverweser. 140 hauptamtliche Seelsorger sind es auf Bonner Stadtgebiet derzeit insgesamt.

Reaktionen: Zunächst einmal sei es gut, dass an den Gemeinden nicht gerührt wird, sagte am Dienstag Dorothee Schwüppe vom Bonner Katholikenrat. Gleichwohl gelte es nun, bestehende Sorgen seitens der Gläubigen zu respektieren. Schließlich liege die jüngste Neustrukturierung erst wenige Jahre zurück, hier dauere bei vielen der Gewöhnungsprozess noch an. Schwüppe: „Insofern muss man nun aufpassen, dass der anstehende Prozess nicht zu schnell geht.“

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