Politische Bildung 53 Kilometer Akten im Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung

Bonn · Die Friedrich-Ebert-Stiftung ist seit 1925 das Gedächtnis der Sozialdemokratie. Ein Neubau für das Archivmateriin Berlin scheiterte am sandigen Grund.

 Roland Schmidt führt die Geschäfte der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn und Berlin.

Roland Schmidt führt die Geschäfte der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn und Berlin.

Foto: Martin Wein

Auch wenn etwa 190 ihrer Beschäftigten inzwischen in Berlin arbeiten und einige weiter in den 14 Außenbüros, hat die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) noch immer mit der Mehrheit ihrer Mitarbeiter an der Godesberger Allee in Bonn ihren Sitz. Neben der kompletten Studienförderung sind Personal- und Haushaltsabteilung sowie das umfangreiche Archiv der SPD-nahen Stiftung dort untergebracht. Das werde auch dauerhaft so bleiben, sagt Geschäftsführer Roland Schmidt. Der sandige Grund in Berlin und der niedrige Grundwasserspiegel vereitelten einen angemessenen Neubau für das Archiv zu akzeptablen Kosten.

Was sind die Hauptaufgaben? „Unser Kerngeschäft ist nach den Vorgaben unserer Geldgeber vor allem die politische Bildungsarbeit im Inland“, sagt Schmidt. Diese reicht von Diskussionen mit politischen Mandatsträgern über die Folgen der Digitalisierung, die Lage in Myanmar oder den Rechtsterrorismus bis hin zum Handwerkszeug etwa für Kommunalpolitiker. Mit diversen Studien und Handreichungen engagiert sich die FES auch in der Politikberatung und kommt hier im Ranking der University of Pennsylvania verglichen mit 175 namhaften Akteuren in Europa zusammen mit der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung im Wechsel auf einen 16. respektive 17. Platz. Aber auch um Begabtenförderung, Stärkung demokratischer Denkweisen, Strukturen und Entwicklungen im Ausland und die historische Erforschung der Arbeiterbewegung kümmert sich die FES, die formell als Verein organisiert ist.

Warum und für wen ist diese Arbeit wichtig? „Zu unseren Angeboten konnten wir 2017 insgesamt 185 000 Teilnehmer begrüßen“, weiß Schmidt. Die Homepage hatte 2,1 Millionen Zugriffe. Eingeladen seien dazu nicht nur Parteimitglieder, sondern ausdrücklich alle am jeweiligen Thema Interessierten. Es sei ein bewusst gewählter pluralistischer Ansatz, die politische Bildungsarbeit auf mehrere Schultern, sprich parteinah, zu organisieren. Im Ausland reagiere man gezielt auf politisch-gesellschaftliche Notwendigkeiten. So öffnete die FES 2013 nach dem Einsturz des achtgeschossigen Industriekomplexes Rana Plaza bei Dhaka mit 1135 Toten und 2438 Verletzten ein Büro in Bangladesch, um gewerkschaftliche Bemühungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie zu unterstützen.

Bonn ist ein erfreulicher Standort

Wo liegen aktuelle Schwerpunkte? Politisch prägen Flucht und Inte᠆gration weiterhin die Stiftungsarbeit. „Dabei versuchen wir, im Ausland Ursachen zur Flucht zu bekämpfen“, sagt Schmidt. In Deutschland bietet die Stiftung neuerdings unter anderem Veranstaltungen zur deutschen Gesellschaft und Demokratie auf Arabisch an. „Das Interesse der Flüchtlinge ist überwältigend“, berichtet Schmidt. In zwei großen Kongressen in Berlin habe man sich zudem dem Thema Ungleichheit gewidmet. Administrativ beschäftigt die FES der Umbau ihres Hauptgebäudes, wo künftig bald ein Zwischenarchiv für neue Akten und Unterlagen entstehen soll (siehe „Mehr Platz für das Spezialarchiv“).

Warum sitzt die Institution in Bonn? Die Stiftung war nach Friedrich Eberts Tod 1925 aus den Spenden seiner Trauergäste gegründet worden, um Arbeiterkindern ein Studium zu ermöglichen. Im Nationalsozialismus verboten, wurde die Stiftung auf Anregung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes wieder gegründet und im März 1954 in Bonn in einen gemeinnützigen „Verein zur demokratischen Volkserziehung“ umgewandelt.

Wie zufrieden ist man mit dem Standort? Bonn sei mit seiner guten Anbindung ein erfreulicher Standort, sagt Schmidt, der fast jede Woche aus Berlin anreist. Für den Verlust der Hauptstadtfunktion könne die Stadt nichts. Allerdings habe Berlin den politischen Stiftungen durchaus den roten Teppich ausgerollt. So bekam die Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin eine eigene Bushaltestelle. In Bonn gab es für die FES daraufhin nur einen Zusatz bei den Ansagen und in der Beschilderung.

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