Schaden von 650.000 Euro 48-Jähriger lebt in Saus und Braus

BONN · Teure Autos, Luxusreisen und hochwertige Elektronikartikel soll sich ein Mitarbeiter des Beschaffungsamtes des Bundesinnenministeriums durch Betrügereien im großen Stil erschlichen haben.

Wie Oberstaatsanwältin Monika Volkhausen gestern mitteilte, wurde der 48-Jährige wegen Betrugs, Urkundenfälschung, Unterschlagung und Missbrauchs von Titeln in insgesamt 154 Fällen angeklagt. Schaden: rund 650.000 Euro. Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft wird sich der vom Dienst suspendierte Beamte demnächst vor den Richtern der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts verantworten müssen. Neben ihm soll dann seine 44 Jahre alte Frau sitzen. Ihr wirft die Anklägerin 63-fache Beihilfe zum Betrug vor.

Der Netzwerkadministrator, der offenbar für die Anschaffung von IT-Programmen, Hardware und Geräten zuständig war, soll nebenher drei eigene Firmen geleitet haben. Um nicht aufzufallen, scheint er die Geschäfte als faktischer Geschäftsführer aus dem Hintergrund geleitet zu haben. Offizielle Geschäftsführerin einer dieser Firmen war laut Volkhausen die Frau des Angeklagten.

Die Ermittler gehen davon aus, dass der 48-Jährige jahrelang Aufträge an "seine" Firmen vergab, ohne dass eine Gegenleistung erbracht wurde. Softwareupdates und Computeraufrüstungen wurden in Auftrag gegeben und bezahlt, aber nie geliefert, so Volkhausen. Um die Aufträge an Land ziehen zu können, soll der Beamte unter anderem Vergabeverfahren manipuliert haben: Laut Anklage fälschte er Vergleichsangebote von Konkurrenten, damit seines das günstigste Angebot war.

Zudem soll der IT-Spezialist für das Beschaffungsamt Festplatten, hochwertige Kameras samt Objektiven und Tablets im Wert von insgesamt 25 000 Euro eingekauft, sie dann aber entweder privat genutzt oder weiterverkauft haben. Auch Computerhardware im Wert von 40 000 Euro scheint der Angeklagte einfach mit zu sich nach Hause genommen zu haben. Die Machenschaften des mutmaßlichen Betrügers seien erst Mitte 2013 bei einer internen Kontrolle aufgefallen, so die Oberstaatsanwältin. Selbst danach soll der 48-Jährige bis zum Juli 2014 weitergemacht haben: Insgesamt fünf Jahre habe der Beamte nur 40 statt 41 Stunden pro Woche gearbeitet.

Dies wurde ihm - bei vollem Lohnausgleich - erlaubt, weil er vorgab, dass er seine pflegebedürftige Mutter bei sich zu Hause betreue. Offenbar lebte die Mutter aber gar nicht bei ihrem Sohn, so dass ihm laut Anklage durch die zu Unrecht verkürzte Arbeitszeit ein Bruttolohn von insgesamt 4500 Euro zu viel ausgezahlt wurde.

Die Ermittler werfen dem Netzwerkadministrator zudem einen Titelmissbrauch vor: Auf Briefköpfen und in Schreiben soll er sich mehrfach unberechtigterweise als Diplomingenieur ausgegeben haben. Laut Anklage pflegten die Eheleute einen hohen Lebensstil. Wann der Prozess beginnt, steht noch nicht fest.

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