Jugendschwurgericht Bonn 14-jähriger Messerstecher schweigt

Bonn · Hinter verschlossenen Türen muss sich seit Dienstag vor dem Bonner Jugendschwurgericht ein Schüler verantworten, der am 16. Juli 2016 seinem einst besten Freund in Tannenbusch ein Messer in den Bauch rammte und ihn schwer verletzte.

Die Anklage wirft dem zur Tatzeit 14-Jährigen versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor. Aber das sind längst nicht alle Vorwürfe gegen den Jugendlichen, der bei der Polizei als Intensivtäter geführt wird. In dem Prozess, bei dem die Öffentlichkeit aus Jugendschutzgründen ausgeschlossen ist, geht es noch um 20 weitere Taten, die dem heute 15-Jährigen vorgeworfen werden und die in fünf weiteren Anklagen mitverhandelt werden.

Dabei geht es um weitere Körperverletzungen im Rahmen einer Schlägerei, aber auch um einen Angriff auf einen Lehrer: Den soll der damals 14-Jährige aus Wut über Anordnungen am Kragen gepackt und bedroht haben – allerdings ohne Erfolg. Denn der Lehrer setzte den aggressiven Schüler außer Gefecht. Außerdem werden dem Jugendlichen zahlreiche Diebstähle vorgeworfen, vor allem von Fahrrädern und Rollern. In einem Fall fuhr er mit einem gestohlenen Roller so schnell um eine Kurve, dass er mit einem Taxi kollidierte, und einer von zwei Mittätern, die hinten draufsaßen, schwer verletzt wurde.

Bei diesen Diebstählen war übrigens sein bester Freund und späteres Opfer immer wieder mit von der Partie. Der heute 16-Jährige wurde dafür bereits vom Jugendgericht verurteilt.

Wie das Landgericht nach Ende des ersten Verhandlungstages mitteilte, hat der Angeklagte die Diebstahlstaten und auch die Körperverletzungen der fünf Nebenanklagen an diesem Tag weitgehend gestanden. Da es jedoch so viele Taten waren, habe er sich an manche im Einzelnen nicht mehr erinnern können. Zu dem Hauptvorwurf aber habe er geschwiegen. Und sein Verteidiger Martin Kretschmer erklärte dazu: „Zur Hauptanklage äußert sich mein Mandant nicht.“

Laut Anklage geschah die Messerattacke am Nachmittag des Tattages gegen 15.20 Uhr. Da sollen sich die beiden inzwischen zerstrittenen Freunde auf der Oppelner Straße in Tannenbusch zu einer Schlägerei verabredet haben. Plötzlich soll der damals 14-Jährige ein Messer mit einer zehn Zentimeter langen Klinge gezogen und es dem Kontrahenten in den Bauch gestochen haben. Ein Zeuge soll dazwischen gegangen sein. Der Verletzte musste in der Uniklinik operiert werden, weil der Stich seine Leber getroffen hatte. Der Angeklagte wurde in Tatortnähe festgenommen und kam zunächst in eine Jugendeinrichtung zur Vermeidung von Untersuchungshaft. Doch weil er sich dort an keine Regeln hielt, landete er nach zwei Monaten doch hinter Gittern.

Weil er schon vor seiner Strafmündigkeit mit Straftaten auffiel, hatte das Jugendamt mit verschiedenen Maßnahmen vergeblich versucht, ihn in die Spur zu bringen. Die Strafkammer hat für den Prozess sechs Tage geplant.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort