Geschäft mit alten Kleidern Stadt Bonn will mit Altkleidern Kasse machen

BONN · Immer mehr Kommunen liebäugeln damit, in das lukrative Geschäft mit Altkleidern einzusteigen - auch Bonn will das prüfen. Zumindest gibt es einen entsprechenden Prüfauftrag aus dem Umweltausschuss.

 Im Stadtbild sind sie bekannt: Kleidercontainer, wie der hier in Lengsdorf . Viele nutzen die Möglichkeit ihre Kleidung auf diese Weise caritativen Einrichtungen zugute kommen zu lassen.

Im Stadtbild sind sie bekannt: Kleidercontainer, wie der hier in Lengsdorf . Viele nutzen die Möglichkeit ihre Kleidung auf diese Weise caritativen Einrichtungen zugute kommen zu lassen.

Foto: Max Malsch

Der Verwaltungsrat von Bonnorange, wie die städtische Abfallwirtschaft und Stadtreinigung seit Januar heißt, hat den Vorschlag aufgegriffen, "ob es in wirtschaftlicher Hinsicht empfehlenswert ist, die Sammlung von Altkleidern/Alttextilien künftig auch selbst durchzuführen".

Auf das Thema wurden die Kommunen im vergangenen Sommer aufmerksam, weil zum 1. Juni 2012 das Kreislaufwirtschaftsgesetz das bisherige Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz abgelöst hat und die Sammlungen seitdem bei der zuständigen Behörde anzuzeigen sind.

Im Prinzip eine Sache, die laut Andres Voget zu begrüßen sei. Er ist Geschäftsführer von Fairverwertung, einem Dachverband mit Sitz in Essen, der das bundesweite Netzwerk aus gemeinnützigen und kirchennahen Organisationen koordiniert. "Ich denke, dass viele auf dem Papier sehen, was zu verdienen ist, aber unterschätzen, was für eine Logistik dahinter steht. Ob sich das für Kommunen tatsächlich lohnt, dahinter würde ich ein dickes Fragezeichen setzen", sagt Voget.

Dennoch: Klar sei, dass gut 90 Prozent der Kleidung tatsächlich verwertet werde. Fairverwertung macht sich stark für mehr Transparenz bei der Verwertung von Altkleidern. "Wichtig ist, dass die Menschen wissen, was mit ihren Spenden geschieht." Dass ein Großteil der Ware in Osteuropa oder Afrika landet, sei richtig, aber keinesfalls verwerflich. Fakt sei, dass der Umsatz deutlich niedriger sei als die Menge der abgegebenen Altkleider.

"Selbst der gemeinnützige Verein nebenan kann die abgegebene Kleidung gar nicht vollständig weiterreichen und verkauft den Überschuss weiter. Aber jeder sollte so ehrlich sein, zu sagen, was genau mit der Kleidung geschieht oder wo sie beispielsweise sortiert wird", meint Voget. "Wer eine gemeinnützige Organisation vor Ort unterstützen will, sollte seine Spenden dort abgeben. Es ist aber keine Garantie dafür, dass die Kleidung gänzlich vor Ort verwertet wird." Organisationen wie Malteser Hilfsdienst, Arbeiterwohlfahrt (Awo) und Deutsches Rotes Kreuz (DRK), die ihre Container auf dem Bonner Stadtgebiet aufgestellt haben, nutzen sie ideell und finanziell.

Awo Bonn/Rhein-Sieg hätte nichts gegen eine Kooperation

Franz-Josef Windisch, Geschäftsführer der Awo Bonn/Rhein-Sieg, hätte nichts einzuwenden gegen eine Kooperation mit der Stadt Bonn. Im Rhein-Sieg-Kreis arbeitet die Awo seit Januar mit der Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG) zusammen. Die Sammelstellen sind bei der caritativen Einrichtung in ein Integrationsprojekt einbezogen, das unter anderem Arbeitsplätze für gehandicapte Menschen schafft. Scheitert die Kooperation, könnte das Projekt nicht weiter ausgebaut werden.

Mehrere 10.000 Euro würden dem Bonner Malteser Hilfsdienst fehlen, wenn Bonnorange die Altkleidercontainer übernähme. "Das würde unsere Handlungskompetenz schon einschränken", sagt Dienststellenleiter Michael Willer. "Das hätte zum Beispiel Auswirkung auf unseren Behindertentransport, den wir mit dem Geld aus dem Verkauf der Altkleider finanzieren." Für den MHD kommt die Idee überraschend. Schließlich seien die Verträge über die Standorte der Container erst im vergangenen Jahr erneuert worden.

In Bonn stehen 162 Altkleider-Container:
Jedes Jahr werden in Deutschland rund 750.000 Tonnen Gebrauchttextilien gesammelt - eine LKW-Schlange von Kiel bis München gefüllt mit Kleiderbeuteln. Und die Menge wächst weiter. Allein in Bonn werden laut Stadtverwaltung an 143 Standorten mit insgesamt 162 Containern Altkleider gesammelt.

Der Dachverband Fairverwertung hat Standards definiert, wie Kleider verwertet werden sollen. Viele Organisationen haben sich dem angeschlossen. Den oft gemachten Vorwurf, Altkleider machten etwa die Textilwirtschaft in Afrika kaputt, kann Geschäftsführer Andreas Voget nicht teilen: "Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass das Gegenteil der Fall ist. Diese Spenden werden in diesen Ländern gebraucht. Was die Textilindustrie schädigt, sind die Billigprodukte aus China."

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