Pilotprojekt von Bonnorange Diskussion um „Sperrmüll auf Abruf“ in Bonn

Bonn · In der Bevölkerung gibt es Protest gegen das stadtweite Pilotprojekt „Sperrmüll auf Abruf“. Wie einige GA-Leser berichten, fühlen sie sich von Bonnorange übergangen, weil sie nach einer Befragung des Unternehmens nicht weiter berücksichtigt worden sind.

Der Sperrmüll türmt sich entlang der Bonner Straße in Bad Godesberg.

Der Sperrmüll türmt sich entlang der Bonner Straße in Bad Godesberg.

Foto: Maximilian Mühlens

Gegen den Sperrmüll auf Abruf, den Bonnorange stadtweit einführen möchte, regt sich aus den Reihen der Bevölkerung Widerstand. Einige GA-Leser meldeten sich bei der Redaktion und fühlten sich von Bonnorange übergangen, weil sie bei einer Befragung, die das Unternehmen im Sommer durchführte, nicht berücksichtigt worden sind.

 Darunter auch Barbara Grebe-Kroll, die in der Weststadt wohnt. Ihre Straße gehört nicht zum Gebiet des Pilot-Projektes des Abfallunternehmens, befragt wurde sie zu dem Test nicht. Wie berichtet umfasst das Gebiet des Pilotprojektes rund 20 Prozent aller Bonner Haushalte und verteilt sich auf die verschiedenen Stadtteile. Durch den Sperrmüll auf Abruf sollen die Stadtteile sauberer und verhindert werden, dass professionelle Müllsammler gezielt Straßen abfahren, in denen am nächsten Tag der Sperrmüll abgeholt wird. Erst kürzlich sorgten Müllsammler für ein Verkehrschaos in der Helmholtzstraße in Duisdorf.

„Ich bin für eine neue Befragung aller Bonner Haushalte –  auch von denen, die nicht im Testgebiet liegen“, forderte Barbara Grebe-Kroll in einem Gespräch mit dem GA. Nur so könnte es einen allumfassenden Überblick über die Meinung der Bonner geben. Grebe-Kroll befürchtetet, dass nur Menschen befragt wurden, die in den Testgebieten wohnen.

Doch dem entgegnet Bonnorange-Sprecher Jérôme Lefèvre entschieden. „In der Befragung wurde unterschieden, ob die Bürgerinnen und Bürger im Pilotgebiet wohnen oder in einem Revier nach dem alten System“, so Lefévre. Wie Bonnorange die Umfrage im Sommer genau gestaltet hat, wollte das Unternehmen dem GA gegenüber allerdings nicht verraten. Die Anfragen, wie die Befragten ausgesucht oder auch wie viele Kunden befragt wurden, blieben unbeantwortet. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir die Ergebnisse der Kundenzufriedenheitsbefragung erst nach Kenntnisnahme durch den Verwaltungsrat veröffentlichen werden“, so der Sprecher. Er verwies jedoch darauf, dass die Befragung „repräsentativ“ durchgeführt wurde.

Mitte November hatte der Verwaltungsrat von Bonnorange bei seiner Sitzung eine Beschlussvorlage vorliegen, den Sperrmüll auf Abruf 2021 stadtweit einzuführen. Zu einer Entscheidung kam es allerdings nicht. „Der Verwaltungsrat hat die Entscheidung einstimmig in die erste Sitzung am 28. Februar 2020 vertagt, mit der Maßgabe, dass das Pilotprojekt in 2020 weitergeführt wird, um auf der Grundlage eines möglichst langen Testzeitraums zu entscheiden“, so Jérôme Lefèvre.

Dass in der vergangenen Sitzung nicht entschieden wurde, lag für den SPD-Stadtverordneten und Bonnorange-Verwaltungsrat-Mitglied Stephan Eickschen auf der Hand. „Das Pilotprojekt findet erst zum Jahresende seinen Abschluss. Uns liegen als Verwaltungsrat noch keine Evaluierungen zu dem Thema und keine abschließende Zahlen vor, daher können wir ja nicht vor Ende des Versuches schon eine Entscheidung treffen“, so Eickschen.

 Bonnorange hat nach eigenen Angaben bislang 447 Touren Sperrmüll auf Abruf gefahren. Bis zum Jahresende soll die Zahl auf 465 Touren steigen.  Der Annahme, dass das neue System auch mehr Geld kosten würden, widerspricht Jérôme Lefèvre. „Derzeit geht die Bonnorange AöR nicht davon aus, dass der Gebührenzahler wegen des Systems Sperrmüll auf Abruf stärker belastet wird. Durch die Systemumstellung im gesamten Stadtgebiet würden sich die Touren insgesamt bedarfsgerecht planen lassen“, so Lefévre.

Ein Beispiel dafür seien die Fahrwege der Müllfahrzeuge. In einem festen Revier, das es derzeit noch im alten System gibt, fährt ein Fahrzeug im Durchschnitt 89 Kilometer täglich, so Bonnorange. Im Pilotprojekt Sperrmüll auf Abruf seien es hingegen im Durchschnitt 76 Kilometer. „Dies ergibt sich aus einer effizienteren Auslastung unserer Sperrmüllfahrzeuge, da die Wegstrecke der Sammeltour zwar länger sein kann, dafür aber in der Regel nur einmal am Tag der Verwerter in Troisdorf angefahren werden muss“, erklärte Jérôme Lefèvre.

Dies sei allerdings nur einer der Vorteile des neuen Systems. In dem Pilotprojekt könnte auch zu Ferienzeiten Abholtermine für den Sperrmüll bestellt werden - im alten System wird in den Ferien kein Sperrmüll abgeholt. „Eines der wesentlichen Ziele für die Durchführung des Pilotprojekts war zudem ein sauberes Stadtbild nach den Sammlungen“, so Lefévre. Das hätte man mit dem Projekt auch geschafft. „Ein solches Ziel lässt sich nicht genau in Euro und Cent ausdrücken, sollte unseres Erachtens aber in der Diskussion als wertvoller Bestandteil des Systems Sperrmüll auf Abruf berücksichtigt werden“, forderte der Bonnorange-Sprecher.

Trotz der Vorteile wollen einige Bonner an dem alten System festhalten. So auch Barbara Grebe-Kroll. Sie spricht sich ausdrücklich für die Beibehaltung des alten Systems aus. „Ich gönne jedem, dass er sich etwas aus dem Sperrmüll mitnehmen kann. Denn viele Dinge kann man noch einmal wiederverwenden“, so Grebe-Kroll. Außerdem sei es vertretbar, dass viermal im Jahr Müllsammler nach verwertbaren Gegenständen suchen.

In ihrem Viertel in der Weststadt sei es dann immer eine Art Volksfest, wenn Jung und Alt auf der Suche nach kleinen Schätzen sind. Einige würden sie auch auf Flohmärkten weiterverkaufen. Gegen den Sperrmüll auf Abruf hat sie nur dann nichts, wenn er zusätzlich zu den bestehenden Termine gegen eine Gebühr angeboten wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort