Rekordtemperaturen So funktioniert die Temperaturmessung in Bonn

BONN · Die Messstation des DWD in Roleber verzeichnete am Donnerstag eine deutschlandweite Rekordtemperatur von 40,9 Grad - doch Bonn war nur für kurze Zeit an der Spitze.

Es ist heiß, keine Frage. Aber war es so heiß wie nie zu vor? Der Bonner Klimatologe Karsten Brandt ist überzeugt: Die Stadt Bonn erlebt die heißesten Tage ihrer Geschichte und, so Brandt, war bereits am Mittwoch der wärmste Ort Deutschlands. Offiziell – und amtlich bestätigt vom Deutschen Wetterdienst – war dieser Titel allerdings nach Geilenkirchen gegangen, wo 40,5 Grad gemessen worden waren. In Bonn zog der DWD am Donnerstag nach und verzeichnete an der Station in Roleber ganz offiziell 40,8 Grad. Aber die Ablösung ließ mit glatt 42 Grad in Lingen nicht lange auf sich warten.

Messstationen in Bonn:Den Rekord von 41,2 Grad Celsius hatte Brand am Mittwochabend von der Messstation seines Unternehmens donnerwetter.de in Bechlinghoven gemeldet. An der Messstation der Uni in Endenich lag der Spitzenwert am Mittwoch bei 40,8 Grad. Am Donnerstag um 15.45 Uhr schraubte sich die „Fieberkurve“ dort auf 41,9 Grad. Der DWD selbst misst am Flughafen Köln-Bonn und in Roleber, wo es das Thermometer am Mittwoch „nur“ auf 38,7 Grad schaffte. Ob nun die Messcontainer der Uni, das in 65 Metern Höhe gelegene Bechlinghoven oder die DWD-Station auf 160 Metern in Roleber repräsentativ für das Bonner Klima sind, mag Interpretationssache sein. „Definitiv einen Fehler“ nennt es Brandt aber, dass die DWD-Station in den 1980er Jahren von der Rheinaue nach Roleber umgesetzt wurde. „Das hat dazu geführt, dass wir in Bonn über keine durchgängigen Messreihen verfügen.

Welche Kriterien müssen die Messstationen erfüllen?Wie die Temperatur gemessen werden muss, ist genau festgelegt. Die Ergebnisse sollen schließlich vergleichbar sein, daher gibt es internationale Standards. Für Temperaturmessstationen gilt: Sie müssen mindestens zwei Fühler haben, die parallel arbeiten. Die Fühler stecken in einem abgeschotteten Gehäuse mit Lamellen, so dass sie nicht der prallen Sonne ausgesetzt sind, aber die Luft gleichmäßig ein- und ausströmt. Die Fühler sind in zwei Metern Höhe angebracht. Darunter ist Rasen und nicht etwa Beton, und es gibt einen definierten Mindestabstand zu Bäumen oder Gebäuden. Wer die Internetseite der Uni-Wetterstation in Endenich aufruft, sieht dort drei Diagramme. Maßgeblich ist jenes mit der Überschrift „Psychrometer“.

Wie groß ist das offizielle Netz?Zum „hauptamtlichen Messnetz“ gehören nach Angaben des DWD rund 180 Wetterstationen zwischen Flensburg und Mittenwald. Dazu kommen mehr als 800 Stationen im nebenamtlichen Netz, so dass es insgesamt rund 1000 offizielle Stationen gibt. Für die Erfassung der Temperaturen sind laut DWD aber lediglich rund 500 Stationen relevant, die flächendeckend übers Land verteilt sind.

Wer misst sonst noch?Zusätzlich existieren Partnernetze. Sie werden zum Beispiel an Flughäfen betrieben, etwa von der Nato oder der Bundeswehr.

Wie werden die Daten übermittelt?Die Stationen des haupt- und nebenamtlichen Netzes übermitteln ihre Daten automatisch online in enger Taktung nach Offenbach. Die ehrenamtlich betriebenen Stationen sind nicht online angebunden. Am Abend des jeweiligen Tages verkündet der DWD mögliche Rekorde als „vorläufige“ Ergebnisse. Später wird überprüft, ob korrekt gemessen wurde, erst dann sind Rekorde offiziell.

Wer hat Zugriff auf die Daten?Der DWD ist per Gesetz verpflichtet, die Rohdaten seiner Messstationen öffentlich zur Verfügung zu stellen. Jedermann kann sie auf einem Open-Data-Server abrufen.

Ausblick: „Was wir erleben ist insofern historisch“, sagt Karsten Brandt, „als wir drei Tage hintereinander jenseits der 40 Grad sind. In den Wohnungen staut sich dadurch enorme Hitze auf, die sich erst allmählich abbauen wird. Mit Blick auf alte und kranke Menschen ist das schon besorgniserregend.“ Und mit Blick auf die Stadtgeschichte bleibt Brandt dabei: „Bonn war am Mittwoch Hitze-Hauptstadt.“

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