Geforderter Nachweis über Rettungsfähigkeit Schulerlass gefährdet Klassenfahrten

BONN · Die Rasselbande macht ordentlich Lärm. Aufgekratzt kommen die Kinder ins Schwimmbad gerannt und können es kaum erwarten, ins Wasser zu springen. Schwimmen oder Mathe? Diese Frage beantwortet sich von selbst. Mit einem gut ausgebildeten Schwimmlehrer am Beckenrand können Eltern sicher sein, dass auch im Notfall richtig reagiert wird.

Schließlich müssen Sportlehrer alle vier Jahre einen Nachweis über ihre "Rettungsfähigkeit" vorlegen. Doch nicht nur sie müssen fit über und unter Wasser sein. Auch "fachfremde Kollegen", die eine Klassenfahrt mit Wassersportaktivitäten begleiten, sollen laut NRW-Erlass diesen Nachweis bringen - zum Schutz vor Haftungsansprüchen nach Unfällen. Manche Schulen befürchten, dass es deshalb schwer wird, Klassenfahrten zu organisieren.

Dass Sportlehrer ihre Qualifikation regelmäßig nachweisen, ist auch für Dorothee von Hoerschelmann, Leiterin des Helmholtz-Gymnasiums, selbstverständlich. "Das ist kein Problem, das machen unsere Sportlehrer", erklärt sie. In der Praxis sehe es aber so aus, dass der Fachlehrer die Aufsichtspflicht nicht übertragen kann. "Selbst wenn fünf ausgebildete Bademeister am Beckenrand stehen, muss der Lehrer vor Ort sein und darf nicht einmal für kurze Zeit weggehen", erklärt sie.

Die Aufsichtspflicht kann nicht übertragen werden

Denn nur der Lehrer habe die Pflicht zur Aufsicht. Deshalb sei es künftig wohl nicht mehr ganz einfach, Fahrten wie die an den Scharmützelsee anzubieten. "Dort haben unsere Schüler einen Segelkurs besucht. Solche Ausflüge dürfen in Zukunft nur von Lehrern mit der nachgewiesenen Qualifikation begleitet werden", erklärt die Schulleiterin. Die aber habe ein Deutschlehrer in der Regel nicht. Und die Aufsichtspflicht könne auch nicht auf den Segellehrer übertragen werden. "In diesem Punkt würden wir uns eine Überprüfung wünschen.".

Den Nachweis der "Rettungsfähigkeit" können Pädagogen beispielsweise bei der DLRG ablegen. "Ich halte den Erlass für richtig und wichtig", meint der Bonner DLRG-Bezirksleiter Klaus-Peter Hentschel. Wenn es nach ihm ginge, müsste alle zwei Jahre ein Nachweis vorgelegt werden. Der Erlass führe derzeit bei der DLRG zu einer großen Nachfrage von Lehrern.

Denn bis 31. Januar 2016 muss die Auffrischung nachgeholt und bescheinigt werden. "Eltern können doch viel beruhigter sein, wenn sie wissen, dass ihr Kind im Schwimmunterricht in guten Händen ist und im Notfall die richtigen Entscheidungen getroffen werden", so Hentschel. Zudem dürften die Vorgaben für Fachlehrer kein Problem sein. "Wer Sport studiert hat, für den sind die Anforderungen kein Thema."

Locker sieht man den Erlass auch an der Jahnschule. "Natürlich erfüllen wir diese Richtlinie", sagt Sibylle Clement, Leiterin der Grundschule. Auch die Organisation von Klassenfahrten sei kein großes Problem: "In der Grundschule macht man in der Regel ja keine Ausflüge mit solch einem anspruchsvollen Programm." Allerdings meint sie: "Da es sich bei dem Erlass um eine notwendige Fortbildungsmaßnahme handelt, sollte sie auch in der Arbeitszeit absolviert werden können."

Seit Jahren wächst in NRW die Zahl der Kinder, die nicht schwimmen können. Nach Schätzung der DLRG können sich fast 45 Prozent aller Kinder nach der Grundschule nicht sicher über Wasser halten. Der Lehrplan in NRW sieht für Grundschüler ein Jahr lang mindestens eine Stunde pro Woche Schwimmunterricht vor.

Sicherheit im Schulsport

Der Erlass zur Sicherheit im Schulsport ist im Dezember in Nordrhein-Westfalen in Kraft getreten. Danach muss spätestens alle vier Jahre eine "Auffrischung der Rettungsfähigkeit" nachgewiesen werden. DLRG, DRK, Wasserwacht und Schwimmerverbände können die Prüfungen in staatlichem Auftrag abnehmen. Die DLRG in Bonn bietet einen entsprechenden Kursus am 2. September an. Weitere Informationen dazu gibt es auf www.bonn.dlrg.de.

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