Schock bei den Müllgebühren in Tannenbusch

Auf drastisch höhere Müllgebühren müssen sich viele tausend Bürger im Stadtteil Neu-Tannenbusch einstellen. Nach der Abschaltung der Müllabsauganlage Ende 2009 und der Aufstellung von Mülltonnen haben sich die Kosten für die Müllentsorgung im vergangenen Jahr verdreifacht.

Schock bei den Müllgebühren in Tannenbusch
Foto: Barbara Frommann

Bonn. Auf drastisch höhere Müllgebühren müssen sich viele tausend Bürger im Stadtteil Neu-Tannenbusch einstellen. Nach der Abschaltung der Müllabsauganlage Ende 2009 und der Aufstellung von Mülltonnen haben sich die Kosten für die Müllentsorgung im vergangenen Jahr verdreifacht.

Die Abrechnungen sollen die Bewohner der großen Wohnblocks im Herbst erhalten.

Entsprechende Informationen bestätigten unabhängig voneinander Klaus Freiberg, Geschäftsführer der Deutschen Annington, die im Tannenbusch 1 092 Wohnungen besitzt, davon 852 in den Wohnblocks von Neu-Tannenbusch, sowie Bernhard von Grünberg, Geschäftsführer des Mieterbundes Bonn/Rhein-Sieg/Ahr.

Laut Freiberg fielen mit dem Abschalten der Müllabsauganlage auch die städtischen Subventionen weg. Nach einem früheren Bericht des städtischen Rechnungsprüfungsamtes war die Absauganlage in den Wohnblocks, die zeitweise von bis zu 12 000 Bewohnern genutzt wurde, mit rund 1,1 Millionen Euro jährlich subventioniert worden.

Nach Berechnungen der Deutschen Annington steigen die Müllgebühren für jeden Mieter im Schnitt von 154 Euro auf 450 Euro pro Jahr.

Das sagen Bewohner der SiedlungBewohner der Tannenbuscher Siedlung wünschen sich eine Verbesserung des Wohnumfelds Bewohner der Wohnsiedlung in Tannenbusch sind unzufrieden mit ihren Wohnverhältnissen. Besonders das Wohnumfeld macht ihnen zu schaffen. Natalia R. (Namen geändert) wohnt am Mergelweg und kritisiert: "Die Jugendlichen in der Siedlung machen oft bis spät in die Nacht Lärm. Wir haben schon mehrmals die Polizei gerufen. Bis jetzt hat sich allerdings nichts verbessert."

Die Sauberkeit in den Straßen sei ebenfalls ein großes Problem: "Erst gestern hat jemand die Mülltonnen umgekippt. Der Müll liegt überall auf der Straße verteilt."

Auch Irina T. stört das Verhalten ihrer Nachbarn. Sie lebt allein in einer Wohnung an der Riesengebirgsstraße. "Ständig blockieren die Jugendlichen den Fahrstuhl. Mit meinen Einkäufen schaffe ich es jedoch nicht ohne Aufzug in den fünften Stock." In ihrer Wohnung hake die Balkontür und die Wasserspülung der Toilette sei defekt.

"Ich habe ein paar Mal versucht, jemanden anzurufen. Aber ich erreichte nur eine Hotline, mit der ich nicht zurechtkam. Als ich den Hausmeister ansprach, verwies er mich wieder auf die Nummer." Murat F. ist mit seiner Wohnung zufrieden. "Sie ist okay. Man kann gut dort leben. Allerdings ist das Umfeld sehr schlecht. Es wohnen komische Leute in der Gegend." Ralf Knoblauch, Diakon im Kirchenverband "Im Bonner Nordwesten", ist oft auf Hausbesuchen in Tannenbusch.

Dabei hat er manchmal schon Probleme, die richtige Klingel zu finden. "Oft sind die Schellen an den einzelnen Häusern so stark beschädigt, dass die Namen nicht mehr lesbar sind", so Knoblauch. Zusätzlich zu den Lebensmitteln, die er mitbringt, sollen die Hausbesuche eine erste Beratung für Menschen in sozialer Not sein.

Allerdings ist nach übereinstimmenden Angaben der Wohnungsgesellschaften und des Mieterbundes nicht einmal die Hälfte der überwiegend sozial schwachen Bewohner in der Lage, Miete und Nebenkosten selbst zu zahlen. Für die meisten übernimmt das die Stadt. Nach Angaben von Heinz-Günter Benden, der bei der Stadt die Abteilung Wohnen im Sozialamt leitet, hat Bonn im vergangenen Jahr dafür insgesamt 68 Millionen Euro aufgewendet, allerdings nicht nur für die Bewohner im Stadtteil Tannenbusch.

Für den Mieterbund ist noch nicht erwiesen, dass die Bewohner die dramatisch gestiegenen Müllgebühren übernehmen. "Im vergangenen Jahr war noch keine richtige Mülltrennungsmöglichkeit vorhanden", kritisiert von Grünberg. "Die Müllkosten dürfen nicht steigen."

Die Deutsche Annington ist laut Freiberg mit der Stadt in Gesprächen wegen der Müllgebühren und dem Müllaufkommen. "Immer noch bringen Leute, die hier gar nicht wohnen, ihren Müll her." Die Bewohner seien das Mülltrennen nicht gewohnt: "Wir veranstalten kostenlose Müllsortierkurse, aber wir brauchen noch ein bis zwei Jahre, bis wir hier ein normales Aufkommen haben."

Damit nicht jeder seinen Müll nach Tannenbusch bringt, hat Annington die rund 20 Standorte der Mülltonnen einzäunen lassen. Nur Mieter mit Schlüsseln sollen an die Tonnen kommen.

Bei der Stadt hieß es auf Anfrage, in Neu-Tannenbusch gälten die normalen Müllgebühren wie überall sonst auch in Bonn: "Rabatte können wir da nicht einräumen." Die Deutsche Annington versprach hingegen, den Mietern bei den Müllgebühren "finanziell entgegenzukommen, obwohl wir das nicht müssten".

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