Sanierung der Schienen stockt

Der Verkehrsclub und der Naturschutzring kritisieren, dass die Bahn bisher zu wenige Gleise saniert hat - Auch bei den Investitionen in neue Bremssysteme für Güterwaggons gibt es Probleme

Sanierung der Schienen stockt
Foto: Barbara Frommann

Bonn. Die Reduzierung des Schienenlärms geht dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) und dem Deutschen Naturschutzring (DNR) nicht schnell genug. Beide Organisationen kritisierten am Mittwoch vor der Bundespressekonferenz, dass in den vergangenen Jahren erst 600 Kilometer Gleise saniert worden seien und das Lärmsanierungsprogramm der Bundesregierung nicht umgesetzt worden sei.

"Zehn Monate nach dem Beschluss ist noch nichts passiert", klagte VCD-Vorsitzender Michael Gehrmann. "Das ist nicht akzeptabel." Der Bund hatte 1999 ein Lärmsanierungsprogramm aufgelegt und die dafür zur Verfügung gestellten Gelder vor zwei Jahren auf 100 Millionen Euro pro Jahr verdoppelt.

In der Tat werden zwar derzeit landauf landab Gleise abgeschliffen und wie derzeit in Bonn ganze Schienentrassen erneuert, auch um den Lärm, den Züge verursachen zu mindern. Allerdings gibt es bei den Investitionen in leisere Bremssysteme der Güterwaggons - die so genannte K-Sohle - Probleme, bestätigte der Bonner SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber dem General-Anzeiger.

Nach EU-Recht seien nämlich die vom Bund bereitgestellten Gelder in Millionenhöhe als "verbotene Subvention eines Unternehmens zu sehen. Deshalb habe ich vorgeschlagen, das Geld aus dem Börsengang der Bahn im Unternehmen zu belassen und für bestimmte Aufgaben eine Zweckbindung vorzusehen - darunter für den Lärmschutz." Weil es sich bei diesen Mitteln dann um unmittelbares Unternehmenskapital handele, sei das Vorgehen EU-konform.

VCD und DNR sprachen sich darüber hinaus dafür aus, lärmabhängige Trassenpreise einzuführen und für bestimmte, hochbelastete Strecken Obergrenzen für Lärm einzuführen. Beide Organisationen machten sich jedoch gleichzeitig für den weitere Ausbau des Güterverkehrs stark.

"Die Diskussion um den Lärm passt uns gar nicht in den Kram", sagte der Bonner VCD-Vertreter Rainer Bohnet. "Die Schiene scheint bei der Bevölkerung an Akzeptanz zu verlieren." Nach seinen Worten landet fast jeder Container, der in Amsterdam und Rotterdam ankomme, später "in irgendeiner Form" im Rheinland. Allein auf der rechten Rheinstrecke fahren täglich 255 Güterzüge, mittelfristig sollen es 340 Züge werden.

Bohnet wies darauf hin, dass nicht allein die Deutsche Bahn als Schuldiger für die Lärm-Misere auszumachen sei. Es gebe 300 verschiedene Eisenbahn-Unternehmen in Deutschland und viele private Güterwagen. Deshalb seien die lärmabhängigen Trassenpreise eine Möglichkeit, alle Schienennutzer zur Umstellung auf leiseres Wagenmaterial zu bewegen.

Unverständnis äußerte Bohnet darüber, dass in Deutschland noch viele Diesel-Lokomotiven unterwegs seien, die eigentlich für den US-Markt produziert worden seien. "Wie können solche Loks eigentlich eine Zulassung bekommen?", fragt der Bahnexperte, der auch Geschäftsführer der Rhein-Sieg-Eisenbahn ist.

Dezibelwerte

Die gemessenen Dezibelwerte für einzelne Züge hängen von vielen Parametern ab. So beruhen die Werte des Umweltbundesamtes auf einem Abstand von 25 Metern, einer Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern und einer Zuglänge von 100 Metern.

Bereits zehn Dezibel weniger bedeuten eine Halbierung des subjektiven Lärmempfindens. Zwei Vergleichswerte: Normale Zimmerlautstärke liegt bei 60 Dezibel, ein Presslufthammer in unmittelbarer Nähe bei 100 Dezibel.

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