Pflegeheime in Bonn Ruhesitz mit Blick auf den Rhein

Bonn · Bonn bietet den pflegebedürftigen Senioren Dutzende Heime zur Auswahl. Es gibt Wartelisten, aber es herrscht auch Leerstand.

 Anneliese Esch fühlt sich wohl in ihrem Zimmer im Haus Steinbach in Mehlem.

Anneliese Esch fühlt sich wohl in ihrem Zimmer im Haus Steinbach in Mehlem.

Foto: Ulla Thiede

Anneliese Esch schwärmt: "Die Lage ist einmalig. Dieser Blick." Da unten fließt der Rhein, die Sonnenstrahlen lassen das Wasser glitzern, endlich Sommerwetter. Hell erstrahlt auch ihr Zimmer im ersten Stock, das Anneliese Esch mit Topfblumen und Erinnerungen geschmückt hat. Nippesfiguren stehen im Regal, neben ihrem dicken Lesesessel der Rollator, mit dessen Hilfe sie sich in ihrem Zimmer fortbewegt. Die Hüften schmerzen, das Herz ist schwach, Treppensteigen darf sie nicht mehr.

Seit dreieinhalb Jahren lebt Anneliese Esch im Seniorenhaus Steinbach in Bonn-Mehlem, das vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) betrieben wird. Sie hat einen Herzinfarkt gehabt, drei Mal stand sie kurz vor einem weiteren. Als sie sich für den dauerhaften Wechsel in eine Pflegeeinrichtung entschied, stand für Anneliese Esch fest, dass es das Haus Steinbach sein sollte. "Ich bin aus Mehlem, habe 48 Jahre gearbeitet und Kinder erzogen." Weihnachten hat sie als Ehrenamtliche immer Altenheime besucht, dadurch hatte sie das Haus schon kennengelernt. "Es wird gut geführt", sagt sie.

Hauswirtschaftsleiter Stefan Gebel sagt, entscheidend für die Angehörigen bei der Wahl eines Heimplatzes sei die Nähe zum eigenen Wohnort oder Arbeitsplatz, um den Pflegebedürftigen leichter besuchen zu können. Danach spielten die Kosten, die Pflegenoten durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen und die Einrichtung des Hauses eine Rolle.

Anneliese Eschs Eigenanteil in Pflegestufe eins (siehe Grafik unten) beläuft sich monatlich auf 1658 Euro, aber da hilft die Sozialhilfe mit, denn mit ihrer Rente und dem früher Angesparten allein kann sie diese Kosten nicht tragen. "Mir bleibt ein Taschengeld von 95 Euro", sagt sie.

Wer auf die Preise achtet, muss wissen, dass es Spezialeinrichtungen gibt, die etwa wegen der Betreuung von Demenzkranken höhere Pflegekosten in Rechnung stellen müssen. Auch bei den Investitionskosten (siehe Artikel unten) sind größere Unterschiede festzustellen, je nachdem, ob das Haus vom Land gefördert wird oder nicht. Darüber hinaus gibt es private Anbieter sozialer Dienste, die mit den Pflegekassen keine Verhandlungen über die Vergütung ihrer Leistungen führen. Sie sind deshalb teurer. Der Bewohner zahlt höhere Investitionskosten und erhält für die vollstationäre Pflege von seiner Pflegekasse auch nur einen reduzierten Satz.

Das Itzel-Sanatorium in Bonn-Oberkassel, hinter dem die gemeinnützige Augustinum-Gruppe steht, liegt in einem herrschaftlichen Park mit großen alten Bäumen. Im Haupthaus, einer alten Villa, knarren die Dielen, im Wohnzimmer mit der hohen Decke schläft eine Bewohnerin friedlich auf einem knallgrünen Liegesack. Mitbewohner hören einer jungen Frau zu, die aus einem Buch vorliest. Im Itzel-Sanatorium leben ausschließlich Demenzkranke, der jüngste ist 60, die älteste 101 Jahre alt.

65 Euro gegenüber 49 Euro im Haus Steinbach kostet der Tagessatz für die allgemeine Pflege in Pflegestufe eins. Anne-Beate Kremer-Hartmann, die Leiterin des Itzel-Sanatoriums, erklärt die Differenz: "Für unsere Bewohner gibt es eine spezialisierte Betreuung. Wir bieten auch Klangschalentherapie und Shiatsu an. So erreichen wir die Menschen auf eine andere Art." Dieses zusätzliche Angebot übernehmen die Pflegekassen aber nicht.

Als nicht vom Land geförderte Einrichtung muss der Bewohner täglich 20 Euro Investitionskosten tragen, beim Haus Steinbach sind es nur elf Euro täglich. In Pflegestufe eins kommt man in der DRK-Einrichtung auf eine Gesamttagespauschale von 88 Euro, im Itzel-Sanatorium sind es über 120 Euro. Der Eigenanteil im Monat differiert um rund tausend Euro.

Machen die Häuser Gewinn? Lutz Münstermann vom DRK-Verband Nordrhein erklärt: "Die mit den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern verhandelten Pflegeentgelte sind prinzipiell so bemessen, dass sie es einer Senioreneinrichtung ermöglichen, bei einer 98-prozentigen Auslastung kostendeckend zu arbeiten." Hauswirtschaftsleiter Gebel weiß, dass es in Bonn auch Pflegeheime mit Leerstand gibt. Man kann sich vorstellen, dass sie nicht zu den attraktivsten gehören.

Für das Seniorenhaus Steinbach und das Itzel-Sanatorium aber gibt es Wartelisten. Im Haus Steinbach ist Anneliese Esch Beiratsvorsitzende. Auch das schreibt der Gesetzgeber vor: Die Bewohner sollen mitsprechen können. Alle sechs Wochen trifft sich der Beirat mit dem Küchenleiter Hermann Romes. Da wird dann durchaus mal gemeckert, wenn es nicht geschmeckt hat. Abwechslung auf dem Speiseplan wird groß geschrieben. Zur Fußball-Europameisterschaft gab es täglich wechselnd einem Teilnehmerland gewidmete Menükarten. Im Sommer kann man einen Picknickkorb bestellen und im Garten mit Blick auf den Rhein gekochtes Ei zum Butterbrot verspeisen.

Kremer-Hartmann verteidigt das Konzept des Itzel-Sanatoriums. In anderen Pflegeheimen seien die dementen Pflegebedürftigen mit den nicht-dementen zusammen, was die Arbeit für das Pflegepersonal aber schwieriger mache. "Die Pflegekraft muss beim Wechsel vom einen zum anderen Zimmer ständig umdenken." Denn Demenzkranke wollen anders angesprochen werden. "Wir steuern den Demenzkranken auch in eine bestimmte Richtung, aber wir vermitteln ihm den Eindruck, dass er selbst entschieden hat." Im Itzel-Sanatorium sind fast alle Türen offen, bis auf die eine, die auf die Straße führt. Bei so viel Offenheit steht niemand an der einen Tür und wird wütend, weil sie sich nicht öffnet.

Die Anbieter wehren sich dagegen, Pflegeeinrichtungen für alte Menschen als "Vorhof zur Hölle" zu verunglimpfen. Ja, es gebe schlimme Häuser, aber das sei nicht die Regel, sagt Hans-Peter Knips von der Landesgruppe NRW im Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA). Es gebe viele alte Menschen, die vereinsamten in der eigenen Wohnung und vernachlässigten sich völlig. "Die blühen nach Wochen oder Monaten wieder auf, wenn sie sich in einem gut geführten Pflegeheim eingelebt haben", erklärt Knips.

Ein Vorzeigehaus eines bpa-Mitglieds ist die Residenz Nova Vita in der Bonner Innenstadt gegenüber vom Alten Friedhof. Es ist mit einem Hotel verbunden. Das Haus wirbt für sich mit Spa, Wellness-Behandlung, feiner Küche und elegant-moderner Innengestaltung. Das hat seinen Preis: Ohne öffentliche Förderung liegen die Investitionskosten bei 34 Euro täglich. Der Eigenanteil in allen Pflegestufen beläuft sich auf rund 3000 Euro. Die Sozialhilfe springt in diesem Fall nicht ein. Ist das Vermögen ganz aufgezehrt, würde aber auch hier die Kommune zahlen, erklärt Knips.

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