Rentner lockte Kinder in seine Wohnung

BONN · Der 71-Jährige hat immer am Spielplatz gesessen. Das Bonner Schöffengericht hat ihn wegen sexuellen Missbrauchs zu einer Bewährungsstrafe veruteilt.

In der Straße redete man schon lange über den Rentner, der ständig auf dem Spielplatz saß Kinder beobachtet und Süßes verteilte. Während die einen ihn nur für kinderlieb hielten, fragten sich Eltern besorgt, ob der Nachbar wirklich so harmlos ist. Er war es nicht.

Im September lockte er zwei kleine Kinder in seine Wohnung, um sie zu missbrauchen. Am Dienstag saß der 71-Jährige wegen Kindesmissbrauchs vor dem Amtsgericht und gab sich zunächst als Opfer, das zu Unrecht ins Gefängnis gesteckt worden war.

Zwei Fälle warf ihm die Anklägerin vor: Am 7. September fragte der 71-Jährige auf dem Spielplatz den Vater eines Vierjährigen, ob er dem Jungen ein Eis kaufe dürfe. Der Vater lehnte ab. Doch als der Vater kurz ins Haus ging, lockte der 71-Jährige den Jungen in seine Wohnung, erklärte ihm, er habe Fieber, zog ihm die Hosen aus, um ihm ein Fieberthermometer in den Po zu stecken.

Zu Hause sagte der Junge zu seiner Mutter, er habe bestimmt Fieber und erzählte, was "der Opa", wie, die Kinder den Rentner nannten, getan habe. Als der Vater den Mann zur Rede stellte, stritt der alles ab. Aus Scham gingen die Eltern nicht zur Polizei. Das aber tat die Mutter eines sechsjährigen behinderten Mädchens zehn Tage später sofort, als sie ihre Tochter mit Händen voller Süßigkeiten aus der Wohnung des 71-Jährigen kommen sah und erfuhr, was passiert war.

Auch diesem Kind hatte der Angeklagte unter dem Vorwand, es habe Fieber, die Hosen ausgezogen und das Thermometer in den Po gesteckt. Die Mutter erstattet Anzeige, und der 71-Jährige kam in Untersuchungshaft.

Im Lauf des Prozesses gab er schließlich die Vorwürfe zu, beteuerte aber, bei dem Jungen das Thermometer nicht richtig hineingesteckt zu haben, weil der nicht gewollt habe. Es war ihm nicht zu widerlegen. Das Mädchen habe sich aber nicht gewehrt. Er gab auch zu, sich seit einigen Jahren sexuell zu Kindern hingezogen zu fühlen.

Das Schöffengericht verurteilte den noch unbestraften Mann wegen schweren sexuellen Missbrauchs im minder schweren Fall zu 22 Monaten Haft auf Bewährung, erlegte ihm auf, unverzüglich eine Therapie zu machen und untersagte ihm, sich dem Spielplatz und Kindern zu nähern. Das Gericht hielt ihm sein Geständnis zugute, mit dem er den Kindern eine Aussage vor Gericht erspart habe, machte ihm aber auch klar: Er habe den Kindern schweren Schaden zugefügt.

Der Vierjährige habe lange Zeit Alpträume gehabt und rede heute noch von dem "Opa" mit dem Thermometer. Das Mädchen habe wieder eingenässt, sei sehr verstört und brauche therapeutische Hilfe. Die Mutter sucht nun eine neue Bleibe, sie will den Mann nicht mehr als Nachbarn haben. Der 71-Jährige konnte nach dem Prozess nach Hause gehen.

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