Regierungskritik führt zu Rausschmiss

Eine Entwicklungshelferin beklagt in Afrika öffentlich "Landraub" und sorgt für einen schweren diplomatischen Konflikt. Jetzt kümmert sich das Arbeitsgericht Bonn um den Fall.

Bonn. Weil sie an ihrem Einsatzort in einem afrikanischen Staat in aller Öffentlichkeit die Regierung kritisiert hatte, ist die Mitarbeiterin einer weltweit tätigen Hilfsorganisation wohl ihren Job los. Doch die Entwicklungshelferin will ihre fristlose Kündigung nicht akzeptieren. Sie reichte Klage ein.

Die Anwälte beider Parteien trafen sich jetzt im Arbeitsgericht Bonn vor der dritten Kammer. Die Frau, eine Agrarwissenschaftlerin, betreute in einer besonders von Dürre und Hungersnot betroffenen Region Afrikas ein mit öffentlichen Mitteln gefördertes Projekt, bei dem die Landbevölkerung lernen sollte, wie sie künftig die eigene Ernährung effektiver sicherstellen kann.

Dafür benötigen die Bauern ausreichende landwirtschaftlich nutzbare Flächen. Doch auf diese hat es auch schon ein Investor aus Europa abgesehen, der dort im großen Stil Ölpalmplantagen für sogenannten Biosprit anlegen will. Offensichtlich im Einvernehmen mit dem zuständigen Landwirtschaftsminister, den die Entwicklungshelferin deswegen öffentlich kritisierte.

Der Minister, so berichtet der Anwalt der Hilfsorganisation, beschwerte sich daraufhin bitter bei der Deutschen Botschaft. "Es entstand eine schwierige diplomatische Lage, beschreibt der Anwalt die Situation, zumal die Frau sich geweigert habe, sich in angemessener Form bei dem Politiker zu entschuldigen.

Die Organisation entschied sich schließlich nach einigem Hin und Her, bei dem auch über eine Versetzung der Mitarbeiterin in einen anderen Staat nachgedacht worden war, für die fristlose Kündigung. Dieser folgte eine weitere Kündigung, als sich herausstellte, dass die Mitarbeiterin parallel zu ihrer Projektarbeit über die Firma ihres Mannes eine ähnliche Beratungstätigkeit angeboten haben soll. "Damit hat sie aus unsere Sicht gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen", sagt der Anwalt.

Sein Kollege auf Klägerinnenseite schüttelt erstaunt den Kopf. Von diesem Sachverhalt wisse er nichts, sagt er. Er räumt ein, seine Mandantin sei "salopp gesagt, undiplomatisch vorgegangen". Doch das hatte handfeste Gründe, erklärt er. "Hier geht es um Landraub." So sei die Bevölkerung massiv von dem Investor und "semi-offiziellen" Regierungskreisen unter Druck gesetzt worden, das Land für den Ölpalmanbau herauszurücken. Zudem habe der Investor auch seine Mandantin bedroht.

Eine Entscheidung fällt an diesem ersten Verhandlungstermin nicht. Im Dezember treffen sich die Parteien erneut im Arbeitsgericht.

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