Prozess in Bonn Räuber hielten Juwelier Pistole an den Kopf

BONN · Dass er einer Freundin einen Gefallen getan hat, ist in den Augen eines 36 Jahre alten Kolumbianers der Grund dafür, dass er sich seit Montag wegen schweren Raubes vor dem Landgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er an einem spektakulären Überfall auf einen Bonner Schmuckhändler beteiligt war.

Am 29. Oktober 2012 war das Opfer vor seinem Haus von drei Personen mit einer Pistole bedroht und gefesselt worden. Mit Perlen und Diamantschmuck im Händlerwert von etwa 242 000 Euro flüchteten die Räuber. Laut Anklage war der Schmuckhändler zuvor von bis zu zehn Personen observiert worden. Bislang ist der Angeklagte offenbar der einzige mutmaßliche Komplize, den die Ermittler fassen konnten.

Am ersten Verhandlungstag in dem Indizienprozess beteuerte er seine Unschuld: "Ich bin kein Krimineller." Der Kleinunternehmer lebt nach eigenen Angaben seit mehreren Jahren in Spanien und handelt unter anderem mit Taschen und Hängematten, die in Südamerika von Indios angefertigt werden. Im Herbst 2012 will er aus geschäftlichen Gründen in den Niederlanden gewesen sein. In Amsterdam habe er zufällig eine alte Familienfreundin getroffen, die mit ihrem Mann und ihrem Kind aus Mexiko angereist war.

Sein einziger Fehler sei gewesen, dass er seiner alten Freundin "total vertraut" habe. Die habe ihn darum gebeten, einen VW Golf am Köln-Bonner Flughafen für sie anzumieten. Da er kein Deutsch und kein Englisch spreche, habe der Bekannte am Schalter gesprochen. Er habe nur seine Dokumente gegeben und den Vertrag unterschrieben. Einen zweiten Mietwagen, den er eine Woche später für sich angemietet habe, will er der Freundin für ein Wochenende geliehen haben.

Doch genau mit diesen beiden Fahrzeugen war das Opfer anscheinend ausgespäht worden. Im Zeugenstand berichtete der Schmuckhändler, dass er am Tattag am Frankfurter Flughafen eine Schulung für Verkäufer einer Juwelierskette gehalten habe - mit dem später geraubten Schmuck als Anschauungsmaterial. Auf Überwachungskameras des Flughafens soll zu sehen sein, dass der Mann bei der Abreise von zwei Fahrzeugen verfolgt wird. Über die Kennzeichen kam die Kripo auf die Spur des Kolumbianers.

Nach einem weiteren Termin am Nachmittag war der Juwelier gegen 20 Uhr wieder in Bonn. Vor der Garage seien plötzlich mehrere Männer aus einem Auto gesprungen. Einer habe ihm eine Pistole an die Schläfe gehalten und ihn auf Englisch aufgefordert, sich hinzulegen. Mit Panzerband sei er an Händen und Füßen gefesselt worden. Dann hätten die Täter ihn in die Garage geschleift und das Tor heruntergezogen. Doch er konnte sich befreien. Als er zum Auto kam, "war alles weg", so der Zeuge. Der 49-Jährige: "Das war grausam." Während des Überfalls habe er befürchtet, jetzt entführt und hingerichtet zu werden.

Den Angeklagten hat das Opfer weder auf Lichtbildvorlagen noch im Gerichtssaal wiedererkannt. Der Kolumbianer, der in Spanien wegen Drogenhandels drei Jahre im Gefängnis gesessen hat, wiederholte mehrfach: "Ich hatte keine Ahnung, was da passiert ist." Er könne "niemals so einen Raub begehen", da sein Vater bei einem Überfall erschossen worden sei. Der Vorsitzende Richter hatte den Mann darauf hingewiesen, dass er "nach Aktenlage mit großer Wahrscheinlichkeit verurteilt" werde. Es gebe eine Reihe von Indizien gegen den Angeklagten. Der Richter: "Die sind ziemlich dicht." Der Prozess wird fortgesetzt.

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