Prozess: Gelähmter gesteht Vergewaltigung

Opfer nimmt Entschuldigung nicht an - Anklägerin fordert dreieinhalb Jahre Haft

Bonn. Er hat seine Ex-Freundin im vergangenen Jahr bedroht, geschlagen, gewürgt, sexuell genötigt und vergewaltigt, sie als Lügnerin bezeichnet, gegen sie Strafanzeige wegen falscher Verdächtigung erstattet und zwei Freunde als falsche Alibizeugen missbraucht.

Und weil der 24-Jährige als Querschnittgelähmter im Rollstuhl sitzt und den Mitleidbonus auf seiner Seite hatte, war es für sein Opfer besonders schwer, das Verfahren durchzustehen.

Doch seine Zeugen verhedderten sich am ersten Prozesstag vergangene Woche hoffnungslos in Widersprüche, und am Dienstag zog der Mann auf der Anklagebank die Notbremse: Unmittelbar vor dem Zeugenauftritt seines Opfers legte er ein Geständnis ab.

Doch nicht er selbst ergriff das Wort, um alle Vorwürfe der Anklage zu bestätigen, sondern sein Verteidiger verlas eine entsprechende Erklärung, in der dem Opfer auch eine Entschädigung zugesagt wurde, so weit es dem mittellosen Angeklagten möglich sei.

Der 24-Jährige äußerte sich anschließend noch einmal selbst, aber auch er las nur vor, was er vorbereitet hatte: "Ich habe mich in der Nacht schrecklich verhalten und sie körperlich und seelisch verletzt. Ich bereue es sehr und schäme mich dafür. Ich hoffe, dass sie meine Entschuldigung anhört und mir verzeihen kann."

Genau das aber kann die junge Frau, die ihm bedingungslos vertraute, ihn nach der Trennung für ihren besten Freund hielt und öfter bei dem durch einen Unfall Querschnittgelähmten übernachtete. Auch in der Nacht zum 29. Juni 2008, die für sie zum Albtraum wurde. Denn plötzlich wurde sie wach, als der Angeklagte sie sexuell nötigte.

Und als sie ihn abwehrte, drohte er ihr mit dem Tod, schlug sie ins Gesicht und würgte sie so, dass sie keine Luft mehr bekam. Dann nahm er sich, was er wollte. "Ich hätte nie gedacht, dass er so viel Kraft in seinen Armen hat und trotz seiner Behinderung so schnell ist", sagte sie bei der Polizei aus.

Und nun sitzt sie dem Mann, der ihr das antat, gegenüber und hört sich mit bewundernswerter Fassung an, wie er auch ihr seine Entschuldigung vorliest und sagt: "Ich hoffe, dass du mir irgendwann vergeben kannst." Mit ruhiger Stimme antwortet sie: "Eine abgelesene Entschuldigung - da fehlen mir die Worte. Und deine Entschuldigung kann ich nie annehmen." Erst vor dem Saal bricht sie weinend zusammen.

Staatsanwältin Angela Wilhelm fordert anschließend dreieinhalb Jahre Haft für den 24-Jährigen.

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