Plötzlich ist die Madonna wieder da

Nach mehr als 20 Jahren ist eine verschollene Marienstatue auf dem Godesberger Burgfriedhof aufgetaucht - Der zwischenzeitliche Nutzer muss sich bei der heimlichen Rückführung um ein paar Gräber vertan haben

Plötzlich ist die Madonna wieder da
Foto: Friese

Bad Godesberg. Das Ganze hat etwas von einer Detektivgeschichte. Auftritt Rosemarie Hellberg. Die Witwe des Bonner Volkshochschuldozenten Helmut Hellberg geht mit Verwalter Jürgen Henseler durch die Gräberreihen des Burgfriedhofs. Sie blättert in dem von ihrem Mann 1984 verfassten Friedhofsführer.

"Moment mal. Was war das denn? Die kenn' ich doch". Henseler zeigt auf ein Madonnen-Foto. "Die steht seit kurzem bei uns im Geräteschuppen. Und niemand weiß, wohin damit". Die Statue sei seit über 20 Jahren verschollen, man habe sie von einem der Grottengräber gestohlen, entwickelt Rosemarie Hellberg Miss-Marple-Qualitäten.

"Dann sausten wir im Laufschritt zum Schuppen, wo die Maria auch wirklich stand", berichtet sie. Alles stimmte an der einen Dreiviertelmeter hohen Gottesmutter: der gesenkte Blick, die welligen Haare unter dem Tuch, der Faltenwurf des Mantels, die Brosche am Kragen, die dargebotenen Handflächen.

Beim Ortstermin mit dem GA ist das Detektivteam schon auf drei angewachsen. Das Ehepaar Rein ist dabei, das damals mit Helmut Hellberg im Arbeitskreis "film und foto" die Gräber bei Wind und Wetter abgelichtet hatte. Ganz ungestört habe man den Burgfriedhof am Karnevalssonntag für sich gehabt, erinnert sich Jochen Rein.

"Wie die Madonna so malerisch im Efeu stand, das hat uns immer besonders gefallen", fügt Martha Rein hinzu und zeigt alte Bilder, auf denen der Figur irgendwann einmal die Fingerenden abhanden gekommen waren. Wohl 1983, so rechnen die Reins zurück, sei die Madonna aber auf einmal weg gewesen. Sogar eine ausgesetzte Belohnung brachte sie nicht wieder zurück.

Inzwischen hat sich Friedhofswärter Gerhard Hackenschmidt den Spürnasen hinzugesellt. Selbst neugierig, öffnet er seinen Schuppen und betrachtet die mit Grün- und Erdspuren bedeckte Maria inmitten der Gerätschaften. Sie war also über die Jahre draußen aufgestellt. "Und sie steht madonnentypisch auf einem Schlangensockel. Das hat man früher im Efeu nie gesehen", ist Rosemarie Hellberg bass erstaunt.

Er habe die Figur, die ihm in seiner 19-jährigen Tätigkeit nie untergekommen sei, kurz nach Allerheiligen auf einem Doppelgrab gefunden, erzählt Hackenschmidt. Und wo? Sofort ist die Detektivtruppe unterwegs und steht bald elektrisiert vor dem Fundort. Der sieht mit seinen Efeuranken dem ursprünglichen Standort ziemlich ähnlich. Und vor allem: Er liegt von ihm nur knappe zehn Meter entfernt.

"Der Dieb muss also doch ein Liebhaber dieser Figur gewesen sein", rätselt die Godesberger Miss Marple. Sonst hätte er sie doch nicht wieder an ihren angestammten Platz zurückgebracht. Immerhin hätten zwei Männer nicht ausgereicht, die schwergewichtige Figur in den Schuppen zu hieven, denkt Hackenschmidt über die heimliche Rückgabeaktion nach.

Unterdessen steht man vor Marias ursprünglichem Standort, einer mit Lavaimitat bedeckten Grotte neben dem bekannten Wendelstadt-Grab. Jetzt fehlt noch der Puzzlestein Besitzverhältnisse. Hackenschmidt kriecht in die Grotte und entziffert die Namen Hoff-Sümmer.

Graberwerberin sei jedoch 1884 eine Caroline von Joest gewesen, gibt das Amt für Bestattungswesen dem GA Auskunft. In Besitz dieser Familie befinde sich das Grab noch heute. Wie auch immer - die Detektivtruppe ist sich einig, und auch der Heimatvereins-Vorsitzende Karl-Josef Schwalb, ob der Nachricht ganz aus dem Häuschen, schließt sich gerne an: "Wir wünschen uns, dass die denkmalgeschützte Maria bald an ihren Platz zurückkehrt".

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