Selbstständige in Corona-Zeiten Physiotherapiepraxis in Bonn kämpft um das Überleben

Bonn · Das Corona-Virus hat den Alltag von Anna Wolska aufgewühlt. 2019 hatte sie ihre Physiotherapiepraxis in der Südstadt in Bonn eröffnet. Jetzt hat sie hier 70 Prozent weniger Einnahmen.

 Anna Wolska hofft, dass sie bald wieder mehr Patienten in ihrer Physiopraxis in der Bonner Südstadt begrüßen darf.

Anna Wolska hofft, dass sie bald wieder mehr Patienten in ihrer Physiopraxis in der Bonner Südstadt begrüßen darf.

Foto: Susanne Wächter

Langsam kämpft sich Anna Wolska zurück ins Geschäftsleben. Erst im vergangenen Jahr hatte sie ihre Physiotherapiepraxis mit auf Gesundheit ausgerichteten Fitnesskursen in der Südstadt eröffnet. „Ich war gerade dabei, richtig gut durchzustarten“, sagt sie.

Doch dann kam das Coronavirus. Geschäfte, Kneipen, auch Fitnessstudios mussten schließen. Wolska durfte ihre Räume an der Joachimstraße nicht mehr öffnen. Die finanziellen Einbußen seien enorm. Im physiotherapeutischen Bereich verzeichnet sie weit mehr als 70 Prozent Einnahmeausfälle, im Sportbereich seien 30 Prozent ihrer Einnahmen weggebrochen.

Die Patienten blieben anfangs fern, auch wenn sie Termine für medizinisch notwendige Behandlungen hatten. Es gilt: Keine Patienten, keine Einnahmen. Doch die Kosten der jungen Frau laufen weiter. Ihre beruflichen Fixkosten liegen bei etwa 3700 Euro monatlich, von den privaten ganz zu schweigen.

Land und Bund verhandeln über Bedingungen für Selbständige

Wolska beantragte die Soforthilfe über das Land NRW und bekam sie. 9000 Euro sind es. Doch so sehr sie sich anfangs über die finanzielle Hilfe freute, so unsicher ist sie nun, weil das Land die Bedingungen verändert habe. Anfangs hieß es, dass Bezieher das Geld auch für Lebenshaltungskosten verwendet dürfen, weil Solo-Selbstständige sich ihr Gehalt selbst auszahlen. Nun heißt auf der Internetseite zum Antrag, mit dem Geld dürften ausschließlich die Betriebskosten gedeckt werden.

Das sind die Vorgaben des Bundes, an die sich auch die Landesregierung zu halten hat. Land und Bund verhandeln deshalb seit Wochen. Eine Einigung ist noch nicht in Sicht. Das NRW-Wirtschaftsministerium favorisiert eine Lösung, die vorsieht, dass Solo-Selbstständige sich entscheiden können, ob sie die Grundsicherung, also Hartz IV, beantragen oder die Soforthilfe mit 9000 Euro, um damit auch private Lebenshaltungskosten decken zu können.

Wolska und Tausende andere Kleinselbstständige hängen noch immer in der Luft und wissen nicht, wie sie ihr Überleben sichern sollen. Lukas Hendricks, Steuer- und Unternehmensberater mit eigener Kanzlei in Bad Godesberg, findet diese unsichere Lage für Betroffene bedenklich. Sich ändernde Bedingungen würden keine Rechtsgrundlage darstellen. „Gepaart mit der Androhung des Subventionsbetruges bei unberechtigter Inanspruchnahme herrscht große Unsicherheit, nicht nur bei den Betrieben, sondern auch in meinem Berufsstand der Steuerberater“, sagt Hendricks. Täglich verbringe er mindestens eineinhalb Stunden damit, sich über den aktuellen Stand zu informieren. Und täglich würden bei ihm die Telefone heiß laufen, weil Mandanten und Kollegen nicht wissen, wie sie nun vorgehen sollen.

Nur Training mit einer Person pro Raum

Wolska indes bereitet sich jetzt im Zuge der landesweiten angekündigten Lockerungen darauf vor, den Sportbereich ihres Studios nach den strengen Vorgaben wieder anlaufen zu lassen. Masken und Desinfektionsmittel gehören dann zum Alltag. Sie dürfe aber laut der Vorgabenwegen bei der Größe ihres Studios aber lediglich Trainings mit nur einer Person pro Raum durchführen.

Wolska wendet jetzt all ihre Energie dafür auf, die Termine zu koordinieren. Neben ihrer Physiotherapiepraxis, denn die laufe zwischenzeitlich auch wieder besser. „Die Patienten kommen wieder, weil sie ihre Behandlungen brauchen, die ihnen ärztlich verschrieben wurden“, erklärt Wolska.

Durch den Lockdown sei Wolska aber immer noch mit den Nerven am Ende. Denn nach wie vor würden sie große Existenzängste plagen. Ob sie den Ausfall an Einnahmen wieder aufholen kann, weiß sie nicht. Und derzeit auch nicht, wie sie mit der Soforthilfe umgehen darf, wenn sie sie für ihre Lebenshaltungskosten verwenden müsste.

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