Arbeitsgericht in Bonn Ohne Erlaubnis in den Urlaub - nach 18 Jahren Betriebszugehörigkeit gekündigt

BONN · Seit 18 Jahren ist ein Mitarbeiter bei einer Getränkefirma beschäftigt, als er die fristlose Kündigung erhält. Entsetzt wendet er sich an eine Anwältin, denn er ist sich keiner Schuld bewusst. Sie rät ihm zur Klage. Der Fall wurde im Arbeitsgericht vor der dritten Kammer verhandelt.

Dort berichtet der Anwalt des Unternehmens, der Mann habe sich eigenmächtig mitten in der ohnehin schon dünn besetzten Ferienzeit Urlaub genommen - und zwar vier Wochen lang. "Als er montags in der Firma nicht auftauchte, haben wir ihn überall gesucht", fügt eine Mitarbeiterin der Personalabteilung hinzu. Bis ein Kollege sich daran erinnerte, dass der Kläger in Urlaub gehen wollte.

Der Haken: Den Urlaub hatte der Mann zwar beantragt, aber nicht genehmigt bekommen. Wie das passieren konnte, will der Kammervorsitzende wissen. Die Firmenvertreterin erklärt: Früher hätten die Mitarbeiter ein entsprechendes Formular ausfüllen müssen und dieses unterschrieben zurückerhalten. Jetzt würden die Mitarbeiter per E-Mail informiert, ob ihr Urlaubsantrag genehmigt sei oder nicht. Letzteres sei auch im Fall des Klägers geschehen.

Der bestreitet das allerdings. Seine Anwältin erklärt zudem, bei dem Mann, dessen Familie im Ausland lebt, habe es sich um einen familiären Notfall gehandelt, so dass er umgehend Urlaub benötigt habe. "Wir sind ein sozial eingestellter Betrieb", sagt die Firmenvertreterin sichtlich empört. Da hätte man sicher eine Lösung finden können. Aber das eigenmächtige Verschwinden sei nicht hinzunehmen. Zumal der Mitarbeiter wegen ähnlicher Vorfälle bereits einige Abmahnungen erhalten habe.

Obgleich der Richter deutlich macht, dass er eine fristlose Kündigung nach 18-jähriger, wohl überwiegend zufriedenstellender Mitarbeit für unverhältnismäßig halte, ist die Beklagtenseite für einen Vergleichsvorschlag mit Abfindung nicht bereit. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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