Nationalpark: Beim Wegekonzept kommen viele vom Weg ab

Präsentation im Beueler Rathaus gleicht einer Grundsatzdiskussion über weiteren Schutz des Siebengebirges - Ordnungsrufe des Bürgermeisters zeigen keine Wirkung

Nationalpark: Beim Wegekonzept kommen viele vom Weg ab
Foto: Max Malsch

Bonn. Wolfgang Hürter gilt als ruhiger, sachlicher Kommunalpolitiker. Am Donnerstagabend rang der Bezirksbürgermeister mit der Fassung. Als Moderator sollte er die städtische Informationsveranstaltung zum neuen Wegenetz des geplanten Nationalparks Siebengebirge leiten. Leichter gesagt, als getan.

Wie so oft kamen deutlich mehr Gegner als Befürworter ins Beueler Rathaus. Ersteren ging es mehrheitlich nicht um das Wegenetz, sondern offensichtlich um die Grundsatzfrage: "Warum muss das Siebengebirge zum Nationalpark erklärt werden?"

Die ablehnende Haltung vieler Diskussionsteilnehmer wurde oftmals vehement vorgetragen - nicht selten verbunden mit Vorwürfen und Unterstellungen. Nachdem Hürter mehrmals erfolglos um mehr Sachlichkeit gebeten und darauf aufmerksam gemacht hatte, dass es ausschließlich um das Wegekonzept gehe, folgten Ordnungsrufe und schließlich ein Redeverbot für einen Mann.

Zu den Fakten: Ein Mitarbeiter der Bezirksregierung Köln präsentierte erstmals Karten zum neuen Wegesystem. Bernd Schwontzen vom Forstamt Rhein-Sieg-Erft nannte Zahlen dazu: "Derzeit haben wir ein 280 Kilometer langes Wegenetz im gesamten Siebengebirge. Das neue Wegekonzept sieht eine Reduzierung auf 230 Kilometer vor."

Hinzu kommen 15 Kilometer Wirtschaftswege. Die Planer haben versucht, möglichst Rundwanderwege anzubieten, die die besonders schützenswerten Kernzonen nicht tangieren.

"Was bringt uns die Gründung eines Nationalparks", fragte daraufhin ein Bürger. Ralf Brocksieper vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz antwortete: "Wir wollen weite Teile des Siebengebirgswaldes aus der Nutzung nehmen. Diese unbewirtschafteten Zonen bieten dann Raum für neue Lebensgemeinschaften. Das ist auch auf der UN-Konferenz in Bonn so gefordert worden."

Der ehemalige Pfarrer von Beuel-Süd, Peter Pollmann, warf den Fachleuten auf dem Podium vor, die Bürger täuschen zu wollen. Das verbat sich Hürter und schimpfte: "Sie stehlen unsere Zeit. Hören Sie auf damit." Buh-Rufe aus dem Publikum waren die Reaktion.

Joachim Kuboth, Vorsitzender des Bürgervereins Holzlar, blieb da sachlicher: "Das Wegenetz wirft viele Fragen auf.

Zum Beispiel in Pützchen an der Straße Am Weidenbach ist die Linienführung nicht eindeutig. Konflikte zwischen verschiedenen Nutzern wie Radfahrern, Joggern und Spaziergängern sind programmiert. Ich werte das als Fehlplanung." Herbert Krämer, Vorsitzender des Verschönerungsvereins für das Siebengebirge (VVS), sagte Kuboth zu, dass seine Einwände genau überprüft werden: "Wir sind hier, um Ihre Meinung zu hören. Ihre örtlichen Kenntnisse sind uns wichtig."

VVS-Vorstandsmitglied Klaus Breuer fragte nach, ob es stimmt, dass ein neues Wegekonzept für das Siebengebirge auch unabhängig von der Einrichtung eines Nationalparks umgesetzt werden muss. Das wurde vom Podium bejaht. Die Verordnung für das Naturschutzgebiet Siebengebirge aus dem Jahre 2005 sieht vor, dass ein Wege- und Nutzungskonzept erarbeitet werden muss.

Carl-Jacob Bachem, Vorsitzender des Denkmal- und Geschichtsvereins Beuel, mahnte, die bedeutungsvollen Kulturgüter in den Waldstücken des Ennerts nicht zu vergessen. Das Wegekonzept berücksichtige keine Zugänge zu den Überbleibseln des ehemaligen Alaunabbaus in Beuel. "Natur kontra Kultur darf es nicht geben."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar "Mehr reden als streiten"

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