Mutter schlug Kind auf offener Straße

BONN · Eine Zeugin ist couragiert eingeschritten. Die 39-jährige Mutter ist jetzt verurteilt worden.

17. Oktober, 11.30 Uhr auf dem Friedensplatz: Eine Mutter schlägt wieder und wieder auf ihr Kind ein. Das kleine Mädchen, zweieinhalb Jahre alt, liegt am Boden und weint. Viele Passanten beobachten die Szene - und gehen nach kurzem Zögern weiter.

Doch eine 38-jährige Frau, selbst Mutter von vier Kindern, greift ein. Und weil sie sich einschaltete, kam nicht nur ein Strafverfahren gegen die schlagende Mutter in Gang, sondern überdies auch Hilfsmaßnahmen für sie und ihr Kind, wie sich nun vor Gericht herausstellt.

Auf der Anklagebank bestreitet die 39-Jährige allerdings zunächst die Misshandlung ihrer Tochter. Doch dann tritt die couragierte Passantin in den Zeugenstand und schildert, was sie an jenem Tag sah. Sie habe zunächst gedacht, da schlage eine Frau ihren Hund, weil das Bündel am Boden so klein war. Doch dann habe sie erkannt, dass es ein kleines Kind im Schneeanzug war. Dieser Anzug schützte das Kind im Übrigen vor schlimmeren Verletzungen.

Sie sei zu der Frau gegangen, habe sie am Arm gefasst und aufgefordert, sofort aufzuhören - und sich damit erst einmal selbst eine wütende Drohung der Angesprochenen eingehandelt. Die Frau habe ihr Kind gepackt und sei zum Stadthaus gegangen. Sie sei ihr gefolgt, habe dort mit den städtischen Mitarbeitern geredet und dafür gesorgt, dass die Polizei gerufen wurde. Ihr gehe es, so die Zeugin, nicht um die Bestrafung der Frau, sondern darum, dass dem Kind nichts passiere.

Ihre Sorge scheint nicht unberechtigt. Wie sich herausstellt, ist die Angeklagte seit Jahren drogenabhängig, und ihre älteren Kinder sind in Jugendhilfeeinrichtung und Pflegefamilie untergebracht. Nach der Aussage der Zeugin gibt die 39-Jährige zu, ihr Kind misshandelt zu haben, weil sie sich damals "so überfordert gefühlt" habe. Sie hat mittlerweile selbst das Jugendamt um Hilfe gebeten, macht eine Drogensubstitution und erhält für sich und ihre kleine Tochter kinderpsychologische Betreuung.

Vor einer Strafe aber schützt sie das nicht. Wegen Körperverletzung verurteilt Strafrichterin Gerlind Keller die sichtlich zerknirschte 39-Jährige zu 90 Tagessätzen à 10 Euro, also 900 Euro. Der Zeugin dankt die Richterin ausdrücklich für ihre Zivilcourage.

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