Jugendschutzkammer Bonn Mutmaßlicher Zuhälterboss schweigt und grinst

BONN · Der Mann auf der Anklagebank vor der Jugendschutzkammer dreht sich immer wieder feixend zu seinen Kumpels im Publikum um. Laut Anklage ist der 23-jährige Konstantin S. ein Zuhälter, der minderjährige Mädchen - eines war erst zwölf Jahre alt - vergewaltigte, einsperrte, bedrohte und auf den Strich schickte, um auf ihre Kosten ein Luxusleben zu führen.

Für die Ermittler steht fest: Der Deutsch-Grieche, genannt Costa, spielte die Hauptrolle in dem blutigen Zuhälterkrieg vom Sommer, in dem es um die Vorherrschaft im Milieu ging.

Die Vorwürfe, die Staatsanwalt Jörg Schindler verliest, wiegen schwer: sexueller Missbrauch von Kindern, Förderung sexueller Handlung an Minderjährigen, Menschenhandel, Zuhälterei, Vergewaltigung, Körperverletzung, Freiheitsberaubung. Strafandrohung: Haft bis 15 Jahre. Laut Anklage machte sich Costa S. in Discos an labile junge Mädchen heran, heuchelte ihnen Interesse und Liebe vor - und ließ die Maske fallen, wenn er sie unter Kontrolle hatte.

So soll er eine verängstigte Zwölfjährige in ein Bordell gesteckt und ihr gedroht haben: Wenn du nicht gehorchst, ist das dein Ende. Eine 15-Jährige lockte er in ein Bordell, schloss sich mit ihr ein, vergewaltigte sie laut Anklage immer wieder, verbot ihr, darüber zu reden und drückte zur Warnung eine Zigarette auf ihr aus. Und für eine 18-Jährige, die vor ihm floh, soll er 25 000 Mark Kopfgeld ausgesetzt haben. Doch am ersten Prozesstag sagt Costa S. nur: "Ich will schweigen."

Er schweigt, als Kammervorsitzender Klaus Haller ihm sagt, dass nur ein frühes Geständnis nützt. Costa S. schweigt, als der Richter ihm erklärt, dass sein bester Freund ausgepackt habe und demnächst als Zeuge erwartet werde. Und er grinst nur, als der Richter Briefe verliest, die er im Juni an einen Kumpel aus dem Knast schmuggelte, wo es heißt: "Wir müssen die Jungs zusammen halten. Wenn ihr euch jetzt Bonn wegnehmen lasst, seid ihr selber schuld."

Auch dass der Richter ihn warnt, das Gericht habe seine Kontoauszüge, und die vielen Bareinzahlungen bedürften einer guten Erklärung, vermag Costa S.''s gute Laune nicht zu beeinträchtigen. Und wie mühsam die Wahrheitsfindung für die Kammer wird, zeigt die Vernehmung der ersten Zeugin. Sie sei eine lockere Bettfreundin des Angeklagten. Sie sei zwar Prostituierte, habe aber nie für ihn angeschafft. Sie wisse nicht, woher er sein Geld für die teuren Autos habe.

"Vielleicht hat er im Lotto gewonnen", sagt sie. Sie weiß nichts von Drohungen, nichts davon, dass Costa anderen Zeugen zufolge ein Mädchen im Wald mit Benzin übergossen hat, um sie gefügig zu machen. Kurzum, sie weiß angeblich gar nichts, auch nicht, als der Richter ihr mit einem Verfahren wegen Falschaussage droht. Der Prozess wird nächste Woche fortgesetzt.

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