Polizei in Bonn Mehr Polizisten mit Migrationshintergrund gesucht

BONN · Ihr Gerechtigkeitssinn und die "tollen Motorräder" waren für Nariman Abdo ausschlaggebend für den Berufswunsch Polizistin.

 Die Ausbildung bei der Polizei fordert Körper und Geist: Hier wird gerade eine Festnahme trainiert.

Die Ausbildung bei der Polizei fordert Körper und Geist: Hier wird gerade eine Festnahme trainiert.

Foto: Ottersbach

"Außerdem wollte ich etwas machen, wo Teamgeist gefragt ist", sagt die 23-Jährige, deren Vater aus Syrien stammt. Die Bonner Polizei sucht mehr junge Leute wie sie.

Schon als kleines Mädchen wollte Hilal Seker Polizistin werden. Ihren Eltern hatte sie das nie so richtig erzählt. Erst als es zum Auswahlverfahren ging, klärte sie Mutter und Vater über ihre Pläne auf. "Aber sie unterstützten mich und ließen mir die Wahl ", sagt die 21-Jährige. Mittlerweile ist sie im zweiten von drei Ausbildungsjahren bei der Polizei.

Hilals Eltern kommen aus der Türkei, sie selbst ist in Deutschland geboren und lebt in Euskirchen. Die junge Frau gehört zu den wenigen jungen Menschen aus Einwandererfamilien, die sich für den Polizeiberuf entscheiden. Das soll sich ändern. Gezielt will die Bonner Polizei in den kommenden Jahren ausländischen Nachwuchs für den Job in blauer Uniform werben. Dazu gibt es am Dienstag, 24. September, eine erste Informationsveranstaltung. Was viele nicht wissen: Bewerber brauchen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, um in Nordrhein-Westfalen Polizist zu werden.

Mitte der 1990er Jahre wurden die Einstellungsbedingungen geändert. Seitdem kann jeder, der den körperlichen, schulischen und charakterlichen Anforderungen entspricht, wegen "dringenden dienstlichen Bedürfnisses" in den Beamtenstatus berufen werden. "Und das haben wir jetzt", sagt Wilfried Lange, Einstellungsberater der Bonner Polizei. Gemessen am prozentualen Anteil der Bevölkerung sind Migranten in der Polizei unterrepräsentiert. "Wir sind ein Spiegel der Gesellschaft, deswegen müssen wir auch so gemischt sein", sagt Lange.

Ob deutsche, marokkanische oder türkische Wurzeln: Meist sind es ähnliche Gründe, warum jemand zur Polizei geht. Für Hasim Güney (22), dessen Eltern aus der Türkei kamen, war es am wichtigsten, Menschen zu helfen und einen abwechslungsreichen Beruf zu haben. "Ich wollte nicht im Büro versauern", sagt der 22-Jährige. Die Polizei schien ihm da genau richtig zu sein. Er wird im Bonner Präsidium seinen Dienst antreten. Als seine Verwandten in der Türkei die Uniform per Videotelefonat sehen wollten, war er stolz. "Ich musste wirklich alles zeigen."

Ihr Gerechtigkeitssinn und die "tollen Motorräder" waren für Nariman Abdo ausschlaggebend. "Außerdem wollte ich etwas machen, wo Teamgeist gefragt ist", sagt die 23-Jährige, deren Vater aus Syrien stammt. Wenn sie Übungen in der dunkelgrünen Einsatzkleidung der Hundertschaft macht, blüht sie auf. "Grün steht mir, auch nach der Ausbildung möchte ich in der Einheit bleiben", erzählt sie. Meist kennt man die Hundertschaft nur als Eingreiftruppe vor dem Fußballstadion. "Aber sie sind vielmehr die Unterstützer, helfen bei Ermittlungen, Durchsuchungen und auch Verkehrskontrollen", sagt Lange.

Hilal Seker möchte auch Vorbild sein und etwas beweisen: "Viele reden schlecht über Ausländer, es fällt halt das Negative auf." Ihre Landsleute sollen sehen, dass man auch mit Migrationshintergrund viel erreichen könne. "Das ist manchmal nicht leicht, weil es Vorurteile gibt", sagt sie. Man müsse die Leistungen bringen, die gefordert würden, und gut Deutsch können. Im Dienst werde nicht zwischen "Deutschen" und "Ausländern" unterschieden. Der Mix aus Nationalitäten komme gut an, einzig das Buchstabieren der Namen sei schwierig. Bringt Hilal Seker zur Einsatznachbesprechung statt schnödem Marmorkuchen türkisches Börek mit, bleibt selten etwas übrig.

Auch wenn nun gezielt nach Polizisten mit Migrationshintergrund gesucht wird, dürfe nicht jeder aufgenommen werden, findet Nariman Abdo. Disziplin und Belastbarkeit seien Pflicht. "Polizist wird man aus Überzeugung, egal welche Wurzeln man hat."

Bonner Polizei informiert in mehreren Sprachen

Um junge Leute mit Migrationshintergrund für den Polizeiberuf zu begeistern, lädt die Bonner Polizei für Dienstag, 24. September, 18 Uhr, zu einem Informationsabend ins Polizeipräsidium, Königswinterer Straße 500, ein. Dort werden auch Hilal Seker, Hasim Güney und Nariman Abdo von ihren Erfahrungen berichten. Informationen und Anmeldung im Internet auf www.bonn.polizei.nrw.de und unter 0228/150.

Im vergangenen Jahr wurden 1400 Kommissaranwärter in NRW eingestellt, davon 161 mit Migrationshintergrund. Sechs von ihnen kamen aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis. "Gemessen am prozentualen Anteil in der Bevölkerung ist das zu wenig", sagt Wilfried Lange von der Bonner Polizei. Mit der Aktion wende man sich vor allem an Menschen aus der Türkei und den arabischen Ländern. Unterstützung gibt es von den Generalkonsulen aus Marokko, Tunesien, Algerien und der Türkei. "Menschen mit Zuwanderungsgeschichte besitzen durch ihre Sprachkenntnisse und kulturellen Hintergründe besondere Kompetenzen", sagt Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa. Das helfe, Barrieren abzubauen.

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen wirbt derzeit stark für ihren Beruf. Ein Großteil der Beamten geht in den nächsten Jahren in Ruhestand, deshalb müssen schon jetzt viele neue Polizisten ausgebildet werden.

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