Städtische Gebäudereinigung Mehr Lohn für die Putzkolonnen?

BONN · Bei Bonner Kommunalpolitikern wachsen Zweifel, ob die städtische Gebäudereinigung eine saubere Sache ist. Die Kommune hat seit den 80er Jahren immer mehr Aufträge an private Firmen vergeben und beschäftigt heute nur noch 22 eigene Reinigungskräfte.

 Ein glänzender Fußboden im Stadthaus: Auch hier putzen die Mitarbeiter einer Privatfirma im städtischen Auftrag.

Ein glänzender Fußboden im Stadthaus: Auch hier putzen die Mitarbeiter einer Privatfirma im städtischen Auftrag.

Foto: Volker Lannert

Da im Juni 32 Verträge mit Unternehmen auslaufen, diskutieren die Politiker, ob die Stadt besser für eine faire Bezahlung der Putzkolonnen sorgen könnte. "Wir haben eine kommunale Verantwortung und müssen in besonderer Weise darauf achten, dass das Tarifrecht eingehalten wird", sagte Bürgermeister Horst Naaß (SPD) kürzlich im Betriebsausschuss des städtischen Gebäudemanagements (SGB).

Die Sorge scheint nicht unbegründet. Hermann Meier (Name geändert) putzt seit Jahren städtische Gebäude in Bonn. Die Zeitvorgaben seines privaten Arbeitgebers seien unrealistisch, beklagt der Mann. Das gelte besonders für die aufwendige Grundreinigung. Dabei wird die Bodenbeschichtung abgetragen, mit Wasser gewischt und der Boden neu versiegelt. Vorher müssen die Reinigungskräfte Tische, Stühle und Bänke aus dem Raum bringen. Toiletten müssen gesäubert, Möbel und Heizungen abgewaschen werden.

Vor dem Staubwischen muss in Kartons zwischengelagert werden, was auf den Regalen steht. Für die Grundreinigung einer Sporthalle mit 1000 Quadratmetern setze seine Firma zwei Stunden an, so Meier. Für einen Kindergarten mit drei Gruppenräumen und 800 Quadratmetern Gesamtfläche seien es zehn Stunden. Wenn das stimmt, widerspricht das klar den Vergaberichtlinien der Stadtverwaltung: Unabhängig vom Objekttyp seien für die aufwendige Grundreinigung nur 20 bis 40 Quadratmeter pro Stunde anzusetzen, heißt es in einer städtischen Stellungnahme.

"Die Vorgaben meiner Firma sind unmöglich zu schaffen", sagt Meier. "Ich habe gemeinsam mit Kollegen in verschiedenen Objekten die Zeiten notiert. Realistisch ist die dreifache Arbeitszeit." Was während der Grundreinigung nicht erledigt werden könne, müsse bei der normalen Tagesreinigung nachgebessert werden. Denn Überstunden würden nicht bezahlt.

Kaum Möglichkeiten zur Gegenwehr

Wehren könnten sich die Betroffenen kaum: Die meisten arbeiteten auf 400-Euro-Basis oder mit befristeten Verträgen. Um Meiers Identität zu schützen, verzichtete der GA darauf, seinen Arbeitgeber um eine Stellungnahme zu bitten. Die Stadt, findet Meier, sollte ihre Gebäude lieber mit eigenen, besser bezahlten Leuten reinigen - oder kontrollieren, dass die Privatfirmen ihre Mitarbeiter nicht ausquetschen.

Doch die Stadtverwaltung hat nach eigenem Bekunden "keine Hinweise" auf Verstöße gegen Arbeitsrecht oder soziale Standards. Sie prüft bei der Auftragsvergabe, ob die Anbieter auf dem Papier die sogenannten Leistungswerte einhalten (siehe Kasten). Ob sich die Firma später an diese Flächenvorgaben hält, kontrolliert die Stadt nicht. "Wir prüfen stichprobenartig die Qualität der Reinigung", erklärte Martin Krämer, Leiter der städtischen Vergabestelle, im SGB-Ausschuss. Für die Überwachung des Mindestlohns sei der Zoll zuständig. Krämer: "Wenn wir merken, dass etwas nicht stimmt, informieren wir den Zoll." Das allerdings ist noch nie passiert, wie die Verwaltung auf GA-Nachfrage einräumte.

Interimsverträge als provisorische Lösung

Derzeit hat die Stadt Reinigungsverträge mit zehn Firmen. Wird das Auslaufen der Verträge genutzt, um die Modalitäten im Sinn der Putzkolonnen zu verbessern? Auf diese Frage bekam der GA keine Antwort. Das Presseamt verwies lediglich auf ein laufendes Verfahren an der Vergabekammer Köln. Dort wehre sich eine Firma dagegen, dass die Stadt sie wegen zu niedrig angesetzter Stundenlöhne abgelehnt habe. Bis zur endgültigen Klärung wolle man Interimsverträge abschließen.

Wie die SPD fordert auch die Linke, die Reinigung wieder in städtische Hände zu legen. Die aktuellen Zustände seien "Ausbeutung mit System", schimpfte Nortfried Quickert-Menzel, Linken-Sprecher im SGB-Ausschuss. Würde die Verwaltung nur noch mit eigenen Leuten reinigen, entstünden nach SGB-Schätzungen 2,8 Millionen Euro Mehrkosten im Jahr. Städtische Mitarbeiter bekommen Bruttostundenlöhne zwischen 9,59 und 12,69 Euro. Die Privaten zahlen 8,82 Euro (Mindestlohn). "Machen wir uns nichts vor", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Dieter Schaper. "Outsorcing ist zwar billiger für die Stadt, geht aber in der Regel zu Lasten der Arbeitnehmer."

Leistungswerte in der Gebäudereinigung

Die Stadtverwaltung achtet bei Auftragsvergaben darauf, ob die "Leistungswerte" eingehalten werden. Sie orientieren sich nach Stadtangaben an Empfehlungen der Kommunalen Geschäftsstelle für Verwaltungsvereinfachung und des Vereins Gütegemeinschaft Gebäudereinigung.

Die Leistungswerte beschreiben, welche Fläche pro Stunde gereinigt werden soll - abhängig von Objekt- und Nutzungsart. Für Klassenräume etwa gilt laut Stadt ein Leistungswertrahmen von 240 bis 300 Quadratmetern pro Stunde, in Kitas 160 bis 220 Quadratmeter. Ganz anders die aufwendige Grundreinigung: Dort sind 40 Quadratmeter die Höchstgrenze.

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