Sohn und Lebensgefährtin getötet Marc S. schweigt nach Doppelmord in Bonn-Duisdorf

Bonn · Mit USB-Kabeln soll Marc S. seinen Sohn und seine Freundin im vergangenen September in Bonn-Duisdorf erdrosselt haben. Der 47-jährige Angeklagte schweigt zum Prozessauftakt am Montag.

Zweimal wurde die Polizei nach Duisdorf gerufen. Nachbarn in der Küstriner Straße waren sehr beunruhigt, weil sie eine 48-jährige Mutter und ihren elfjährigen Sohn seit Tagen nicht mehr gesehen hatten. Beim ersten Besuch am Abend des 17. September vergangenen Jahres zogen die Beamten – nach wiederholtem Rufen und Klopfen an der Tür der Wohnung – unverrichteter Dinge wieder ab.

„Eine Gefahrenlage oder Anhaltspunkte, dass da was passiert ist, hatten wir nicht“, sagte ein 58-jähriger Polizeibeamter am Montag als Zeuge vor dem Bonner Schwurgericht.

Anklage: Doppelmord in Duisdorf aus Habgier

Als eine zweite Nachbarin sich am nächsten Tag meldete, erschien es dem Polizisten „doch seltsam“. Ein alarmierter Feuerwehrmann öffnete die Tür, die sogleich den Blick freigab auf den leblosen Leichnam einer offenbar erdrosselten Frau, die nackt im Flur lag. Im Kinderzimmer fanden sie in seinem Bett den Elfjährigen unter einer Bettdecke, mit einem USB-Kabel erdrosselt.

Wegen zweifachen Mordes muss sich der 47-jährige Lebensgefährte der Getöteten und Vater des gemeinsamen Sohnes verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe Mutter und Kind vor allem aus Habgier getötet: Der spielsüchtige Aushilfsfahrer, der nicht weit vom Tatort entfernt eine eigene Wohnung hatte, habe aus einem Schrank im Kinderzimmer 15 000 Euro entwendet, die die Sozialhilfeempfängerin mühsam gespart und in einer Nähschachtel versteckt hatte. Entweder, so die Anklage, habe er seine Familie getötet, um den Diebstahl zu ermöglichen, oder um ihn zu verdecken.

Der Angeklagte hat am ersten Prozesstag zu den Vorwürfen geschwiegen. Auch sonst schien ihm der Tod der beiden einst nächsten Menschen nichts anzugehen. Hinter einem leeren, schwarzen Aktenordner hatte er sich verschanzt, als Kameras und Fotoapparate auf ihn gerichtet waren. Seine auffälligen Tätowierungen, durch die er nach einer Öffentlichkeitsfahndung schnell gefunden werden konnte, waren trotz des schwarzen langärmeligen T-Shirts nicht ganz zu verdecken gewesen. Die bunt-lodernden Flammen schlagen bis zum Hals, weit über den Adamsapfel. Nach der Verhaftung im Duisburger Rotlichtviertel drei Tage nach Entdeckung hatte der 47-Jährige den Diebstahl der 15 000 Euro gestanden, die Tötung jedoch bestritten.

Angeklagter gesteht Diebstahl, bestreit aber Tötungen

Wegen der krankhaften Spielsucht des Angeklagten hatte das Paar sich immer wieder getrennt. Eine große Belastung für die Beziehung war wohl auch die schwere Darm-Erkrankung ihres Sohnes, der von Geburt an mit einer Sonde künstlich ernährt werden musste. Der Elfjährige jedoch schien sich mit seinem schweren Schicksal abgefunden zu haben. Am 5. März 2016, ein halbes Jahr vor seinem gewaltsamen Tod, hatte der Viertklässler auf der Schülerseite des General-Anzeigers just darüber geschrieben: „Ich bin krank, seit ich auf der Welt bin. Die Zeit in der Schule tut mir gut, und alle akzeptieren mich, wie ich bin.“ Der Indizien-Prozess wird fortgesetzt.

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