Mädchen erobern die Jungenbastion

Am Bad Godesberger Aloisiuskolleg machen die ersten Schülerinnen ihr Abitur. Ein Gespräch mit Absolventinnen und dem Schulleiter.

Mädchen erobern die Jungenbastion
Foto: Ronald Friese

Bad Godesberg. "Was, Sie haben damals wegen uns Mädchen wirklich Beratung von außen geholt?" Nora Geßler, Lea Wirtz und Evelyn Haefs schauen Bernhard Wißmann lachend an.

Der Schulleiter des Aloisiuskollegs (Ako) hat den drei Abiturientinnen im GA-Gespräch jetzt am Ende ihrer Schullaufbahn verraten, dass sich die ehemalige Jungenbastion vor neun Jahren dann doch besser auf die Hilfe des pädagogischen Seminars der Universität verließ: Denn die 30 ersten Ako-Mädchen waren im Jesuitenkolleg angetreten.

"Na, bedenken Sie mal, viele ältere Kollegen waren doch anfangs verständlicherweise überfordert", sagt Wißmann und lächelt. Dieser Tage macht nun mit Nora, Lea und Evelyn der erste koedukative Ako-Jahrgang sein Abitur. Das sei damals genau die richtige Entscheidung gewesen, endlich "gesellschaftliche Normalität" in die Ex-Männerfestung einziehen zu lassen, betont der Schulleiter.

"Wir wollten doch die zivilisierende Kraft der Frauen nicht ganz an uns vorbeigehen lassen." Jetzt herrscht endgültig heitere Stimmung am Tisch. An genügend Anmeldungen habe es damals wie heute nicht gemangelt, verdeutlicht Wißmann. Die Entscheidung, 2005 dann auch Mädchen ins Internat einziehen zu lassen, habe natürlich auf diesem bundesweit schwierig gewordenen Markt auch wirtschaftliche Gründe gehabt, schiebt er hinterher.

Sie hätten es vor neun Jahren natürlich spannend gefunden, unter 800 Schülern die 30 ersten Mädchen zu sein, erinnern sich die drei jungen Frauen. Die Anfängerklassen waren zu je einem Drittel weiblich besetzt worden. "Wir sind schon aufgefallen. Und ein paar Lehrer waren irritiert. Aber dann ging es schnell zur Normalität über", erzählt Nora.

Er denke, der Ton unter den Schülern des gesamten Kollegs habe sich bald verbessert, rekapituliert der Schulleiter. "Jungen sind rüder. Das geht dann aber mit Mädchen nicht mehr." Ihre Klassenkameraden seien schon weiterhin aufmüpfiger und frecher geblieben, meint Evelyn. "Aber wir haben halt gelernt, nichts auf die blöden Sprüche pubertierender Jungen zu geben."

Es sei für sie als Mädchen am Ako die beste Schule gewesen, ihren eigenen Weg zu finden, wertet es Lea. "Wir haben bestimmt auch für unsere berufliche Zukunft den Bonus, dass wir selbstsicher rüberkommen." Das Trio hat ehrgeizige Pläne. Nora will Medizin studieren, Lea geht in die Musik, und Evelyn hat Politikwissenschaften als Ziel.

Eine ganze Reihe Freundinnen wollen sich für eigentliche "Männerberufe" in Naturwissenschaft und Technik entscheiden. Natürlich seien gerade in den Anfangsjahren der Koeduktion möglichst stabile Persönlichkeiten aus den sich bewerbenden Mädchen ausgewählt worden, erinnert sich Wißmann.

"Die mussten sich ja gegen die Jungenpower durchsetzen, und sie haben den nachfolgenden Mädchen das Terrain bereitet." Das Trio nickt. Gleichzeitig habe man einen starken Zusammenhalt erreicht, sagen die drei. "Wir haben wenig gezickt. Wir haben uns selten untereinander wehgetan. Wir haben am Ako eine wunderbare Schulzeit verlebt."

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