Sexuelle Belästigung Luisa hilft Bonnerinnen in Notsituationen

BONN · Bonn beteiligt sich an der bundesweiten Präventionskampagne gegen sexualisierte Gewalt. Mit der Codefrage „Ist Luisa hier?“ können sich Mädchen und Frauen an das Personal in Bonner Lokalen wenden, wenn sie bedrängt oder bedroht werden.

Eine volle Bar, ein aufdringlicher Mann und eine unangemessene Berührung: Manchen Frauen fällt es oftmals schwer, sich aus Situationen, in denen sie sich belästigt oder bedroht fühlen, selbstständig zu befreien und Hilfe zu suchen. Mit der einfachen Frage „Ist Luisa hier?“soll sich das in Bonn ändern. Mädchen und Frauen, die das fragen, sollen in Clubs, Bars und Restaurants sofort und diskret Hilfe bekommen.

Wenn die Codefrage gestellt wird, soll das Personal sofort wissen, was zu tun ist. Die Fragende wird dann in einen Ruhebereich gebracht, und gemeinsam soll überlegt werden, was die Betroffene nun braucht: ein Taxi nach Hause, einen Anruf bei einer Freundin oder auch die Polizei.

Mit dem Projekt beteiligt sich Bonn an einer bundesweiten Präventionskampagne gegen sexualisierte Gewalt. „Mit der Kampagne 'Luisa ist hier!' knüpfen wir an unsere Null-Toleranz-Strategie gegen Übergriffe und sexuelle Gewalt aus der Karnevalszeit an“, sagte Oberbürgermeister Ashok Sridharan bei der Vorstellung des Projekts am Dienstag. Ausgangsort der Kampagne ist die Stadt Münster. Dort wurde das Projekt vor anderthalb Jahren vom Verein Frauen-Notruf ins Leben gerufen. Auslöser war eine Umfrage, die der Verein im Jahr 2014 zum Thema sexuelle Belästigung durchgeführt hat. Das Ergebnis war erschreckend: 75 Prozent der Befragten gaben an, schon einmal sexuell belästigt worden zu sein.

„Es ist ein niederschwelliges Hilfsangebot für Frauen“, erklärt Katja Schülke, stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bonn, die die Kampagne in die Bundesstadt geholt hat. Allerdings beteiligen sich daran erst zwei Bonner Gastronomen – das „Bla“ in der Altstadt und das Restaurant Meyer's in Poppelsdorf. In einem ersten Schritt hatte der Arbeitskreis Opferschutz Bonn/Rhein-Sieg die Betreiber von neun Lokalen angefragt. „Die Resonanz war nicht sehr groß“, bedauert Conny Schulte, Leiterin der Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt. Die Gastronomen in Bonn seien noch zurückhaltend. Auch aus Angst, es könne der Eindruck entstehen, in ihren Lokalen habe es schon sexuelle Übergriffe gegeben.

In Münster unterstützen mehr als 30 Lokale die Aktion – von Cafés und Clubs bis hin zu Kinos und Veranstaltungsräumen. Auch in Leverkusen sind 17 Gastronomen dabei. „Es ist nicht nur das Ziel, das Codewort zu benutzen, sondern auch, das Sicherheitsgefühl zu stärken“, erklärt Lea Götz, die beim Frauen-Notruf Münster für die Koordinierungsstelle Luisa zuständig ist.

In Bonn zeigen Aufkleber am Eingang und auf den Spiegeln in den Toiletten, dass die Gäste nach Luisa fragen können. „Die diskrete Form der Umsetzung halte ich für sehr gut“, sagt Rüdiger Schütz, Inhaber des „Meyer's“. Sein Lokal sei zwar kein klassischer Ort, an dem es zu Übergriffen komme, er wolle allerdings eine Vorbildfunktion einnehmen. Das Luisa-Projekt sieht er als Möglichkeit, jegliche Form von Belästigung zu melden, auch von Männern.

Ein ähnliches Konzept haben auch die Macher des Green Juice Festivals am vergangenen Wochenende in Vilich erstmals getestet. Statt nach Luisa wurde dort nach Lena gefragt. Mit der Codefrage konnten Besucher sich nicht nur bei Vorfällen von sexueller Belästigung melden, sondern auch bei anderen Problemen, die sie nicht sofort den Helfern schildern wollten.

Während des zweitägigen Festivals meldeten sich auf diese Weise drei Gäste bei den Helfern. Fälle von sexueller Belästigung waren nach Auskunft der Veranstalter nicht darunter. In einem Fall war eine Besucherin dehydriert, in einem anderen Fall wurde ein gestohlenes Portemonnaie gemeldet. „Es hat ziemlich gut geklappt“, sagt Johannes Klockenbring aus dem Veranstalterteam. Jeder der 200 Helfer kannte den klaren Ablaufplan beim Codewort Lena: bei dem Hilfesuchenden bleiben und zuhören, per Funk den Lena-Beauftragten hinzurufen, den Besucher in einen der drei Ruhebereiche bringen und nach einer Lösung für das Problem suchen. Die Codefrage gibt aber nicht nur den Besuchern Sicherheit, auch Helfer wissen konkret, wie sie mit Betroffenen umgehen und Hilfe organisieren können.

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