Polizei beruhigt die Eltern Kein Indiz für verstärktes Ansprechen von Kindern in Bonn

BONN · Der Fall der Zehnjährigen, die ein unbekannter Mann am Montagnachmittag in Beuel versucht haben soll, mit sich zu ziehen, wird von der Polizei untersucht. "Konkrete Hinweise sind aktuell in Bearbeitung", so Polizeisprecher Robert Scholten. Bislang sieht die Behörde aber keine Veranlassung, eine Fahndung auszulösen.

 Auf dem Weg zur Schule: Wie Kinder auf Annäherungsversuche von Fremden reagieren sollen, muss geübt werden.

Auf dem Weg zur Schule: Wie Kinder auf Annäherungsversuche von Fremden reagieren sollen, muss geübt werden.

Foto: Volker Lannert

Die Mutter des Mädchens, das an der Oberen Wilhelmstraße auf seine Bahn wartete und von einem Fremden angesprochen worden war, sucht über das soziale Netzwerk Facebook nach eventuellen Zeugen. Das Kind, so schreibt sie weiter, solle sich bei der Polizei "Bilder anschauen".

"Das Thema ist diffizil. Im Fachkommissariat 12 haben wir Sachbearbeiter für solche Fälle, und wir nehmen jeden Hinweis ernst", so Scholten. Ein vermehrtes Ansprechen von Kindern durch Fremde, wie manche Eltern behaupteten, gebe es indes nicht. "Solche Fälle werden uns etwa ein- bis zweimal im Monat gemeldet."

Ohne auf diesen konkreten Fall der Zehnjährigen einzugehen, sagte er, es gebe "viele Grenzfälle". Manchmal komme nach einer Prüfung auch heraus, dass es ein "unbedachtes Verhalten" eines Erwachsenen war, der einem Kind Süßigkeiten anbot oder es nach dem Weg fragte. "Das soll aber nicht bedeuten, dass wir solche Vorkommnisse herunterspielen.

Im Gegenteil: Es gibt bei Eltern und Lehrern zu Recht eine hohe Sensibilität bei diesen Themen. Jeder Hinweis ist kostbar und wird von uns geprüft", betont Scholten. "Wenn ein Kind ein komisches Gefühl bei einer Begegnung mit Erwachsenen hatte, sollte das unbedingt auf den Tisch." Das Verhalten der Beueler Schulleiterin, die in einem Elternbrief auf solche Vorkommnisse, die teilweise auch aus Niederkassel gemeldet worden waren, hinweist, sei absolut richtig gewesen.

Das betont auch Marc Hoffmann, stellvertretender Sprecher der Stadt Bonn: "Die Rektorin hat vorbildlich reagiert." Das Thema Sicherheit und Missbrauch stehe nicht umsonst in jeder Schule auf dem Themenplan. Dort würden Selbstbehauptungskurse angeboten. Kinder könnten spielerisch üben, wie sie sich in gefährlichen Situationen verhalten sollten. Auch theaterpädagogische Präventionsprojekte wie "Mein Körper gehört mir!" finden sich regelmäßig in den Lehrplänen. "Das Wichtigste ist, mit den Kindern zu sprechen und mit ihnen zu Hause Situationen durchzuspielen, ohne Angst zu machen", so Scholten.

Gerüchte, wonach es mehrere Vorfälle von Ansprache durch Fremde in der Nähe der Gesamtschule Beuel gegeben haben soll, dementierten gestern sowohl Polizei als auch Schulleiter Stefan Ludwig. "Da hätten bei uns doch alle Alarmglocken geklingelt", so Ludwig. Es habe am Dienstag jedoch einen Fall von Exhibitionismus an der Fußgängerbrücke in Vilich-Müldorf gegeben.

Tipps für Eltern und Lehrer

Bonns Polizeisprecher Robert Scholten empfiehlt Eltern, mit ihren Kindern offen über mögliche Gefahren zu sprechen.

Angst oder gar Panik sind weder angebracht noch hilfreich. Nicht verängstigte, in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkte Kinder, sondern mutige, starke und selbstbewusste Kinder sind am wirksamsten vor Übergriffen geschützt.

Der beste Schutz ist Selbstsicherheit. Selbstbewusst auftretende Kinder, die klar sagen, was sie wollen und was nicht, sind seltener Opfer von sexuellem Missbrauch. Sie sind gegen Angriffe von fremden und bekannten Personen gut gerüstet.

Sei laut, wenn du Gefahr spürst! Als seine Kinder noch klein waren, habe er mit ihnen spielerisch Szenen durchgespielt und ihnen eine Trillerpfeife geschenkt.

Ruf die Polizei an: 110. Die Beamten in der Leitstelle, wissen mit solchen Situationen umzugehen.

"Ich empfehle, dass Eltern viel mit ihren Kindern über solche Themen reden. Hinweise, wie 'Geh nicht mit Fremden mit', sind je nach Alter nicht hilfreich", so Scholten. Es sei besser, etwa zu raten, nicht zu nah ans Fenster zu treten, wenn man von einem Autofahrer angesprochen wird. Oder zu raten: Wenn einer nach dem Weg fragt, überlasse lieber einem Erwachsenen zu helfen.

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