Ärztetest in Bonn Kassenpatienten warten länger

BONN · Wer schnell einen Termin haben will, muss viele Praxen anrufen. Privatpatienten werden bevorzugt behandelt, wenn es um Termine geht - aber nicht grundsätzlich. So lässt sich das Ergebnis eines Tests zusammenfassen, den der GA in diesen Tagen in Bonn durchgeführt hat.

 Langes Warten: Einen Termin bei Ärzten zu bekommen, ist gerade für Kassenpatienten nicht immer einfach.

Langes Warten: Einen Termin bei Ärzten zu bekommen, ist gerade für Kassenpatienten nicht immer einfach.

Foto: dpa

Indes kommt es ganz auf die Fachrichtung an, ob Kassenpatienten schnell einen Termin bekommen. Der GA rief jeweils zehn Orthopäden, Zahn- und Augenärzte im gesamten Stadtgebiet an, und zwar einmal als vermeintlicher Privatpatient und einmal als gesetzlich Versicherter.

Kein Problem gab es für beide Testpatienten bei Zahnärzten: Während der Privatpatient im Zeitraum zwischen vier und sieben Tagen einen Kontrolltermin bekam, erhielt der gesetzlich Versicherte einen Termin zwischen vier und elf Tagen. Stellungnahmen waren von den Ärzten zwar nicht zu bekommen, eine Arzthelferin gab aber zu, dass "Zahnärzte um ihre Patienten kämpfen müssen".

Mit vermeintlich akuten Rückenbeschwerden versuchten die Tester möglichst bald einen Termin bei einem Orthopäden zu bekommen. Bei drei von zehn Orthopäden war der Arzt für beide jeweils innerhalb von vier bis sechs Tagen für eine Konsultation verfügbar.

Üblich scheint eine Wartezeit von etwa drei Wochen zu sein. Extremfall: Bei einem Orthopäden erhielt der Kassenpatient erst Ende August einen freien Termin, der privat Versicherte am übernächsten Tag. Zwei Orthopäden lehnten den Kassenpatienten grundsätzlich ab.

Noch schwieriger ist es in Bonn, einen Konsultationstermin bei einem Augenarzt zu bekommen. Hier lehnten drei von zehn Ärzten ab, weitere Kassenpatienten aufzunehmen. Der Extremfall kommt aus der Bonner City: Den nächsten Termin gab es hier erst Januar 2013 - allerdings machte diese Praxis auch keinen Unterschied zwischen Privat- und Kassenpatient.

Terminangebote

Für den Privatpatienten war es in der Regel kein Problem, innerhalb weniger Tage einen freien Behandlungsplatz zu bekommen. Der gesetzlich Versicherte erhielt, bis auf zwei Ausnahmen, Terminangebote zwischen Mitte April und Mitte Mai und bekam in einem Fall die Auskunft, er müsse "mehrere Monate" auf einen Termin warten.

Fazit: Kassenpatienten, die dringend einen Termin bei einem Bonner Arzt brauchen, müssen unter Umständen lange telefonieren, aber sie werden auf jeden Fall einen finden, der Zeit für sie hat. Hausärzte weisen darauf hin, dass sie für ihre Patienten in der Regel schneller einen Termin bei Fachärzten vermitteln können.

Der Test per Telefon: Einen eklatanten Unterschied bei der Terminvergabe in Arztpraxen für gesetzlich und privat Versicherte hatte die Grünen-Bundestagsfraktion im Dezember 2011 festgestellt. Während Privatpatienten im Schnitt ein Termin in acht Tagen angeboten worden sei, müssten gesetzlich Versicherte in Bonn/Siebengebirge 53 Tage auf einen Termin warten.

Mitarbeiter der Fraktion hatten je zweimal in kurzen Abständen hintereinander angerufen - einmal als Kassenpatient, einmal als privat Versicherter. Den Tenor dieses Testes hat der GA nun mit einer eigenen Recherche überprüft - mit deutlich undramatischeren Ergebnissen. Unser Test ist nicht repräsentativ, aber trotzdem aufschlussreich. Möglich war er nur, weil unsere Anrufer sich nicht als GA-Mitarbeiter zu erkennen gaben. Dieses Vorgehen zur Beschaffung relevanter Informationen ist vom Kodex des Deutschen Presserates gedeckt.

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