E-Roller versus Vespa Kann ein elektrogetriebenes Zweirad im Stadtverkehr bestehen?

BONN · Mobil sein, leise sein und trotzdem flott: Ein Elektroauto könnte diese Eigenschaften erfüllen. Oder eines der E-Bikes, wie sie sogar schon beim Discounter verkauft werden. Auch wenn's mit dem Elektroantrieb leichter vom Fuß geht, soll es vielleicht doch kein Fahrrad sein.

 Im Duell: Der blaue E-Max und die silberne Vespa. Über den Tacho informiert der Elektroroller den Fahrer etwa über den Ladezustand der Akkus. Für etwas mehr Pepp gibt es den "Boost"-Schalter. Wie aufgeladen wird, zeigt Christian Schrick. Und dann geht's auf Fahrt. Fotos: Richard Bongartz

Im Duell: Der blaue E-Max und die silberne Vespa. Über den Tacho informiert der Elektroroller den Fahrer etwa über den Ladezustand der Akkus. Für etwas mehr Pepp gibt es den "Boost"-Schalter. Wie aufgeladen wird, zeigt Christian Schrick. Und dann geht's auf Fahrt. Fotos: Richard Bongartz

Wer viel in der Stadt unterwegs ist, sein Ziel schnell erreichen will und vielleicht nebenher noch seine Einkäufe verstauen möchte, mag sich für einen Elektroroller interessieren. Doch kann der gegen einen herkömmlichen Zweitakter mithalten? Es treten an: eine Vespa ET2 (Baujahr 2000) und ein E-Max Roller 110 S.

Der Motorroller aus italienischer Fabrikation hat sich im Alltag bewährt, lässt den Fahrer selten im Stich und bietet viel Platz, um Helme, Jacken oder andere Dinge zu verstauen. Nachteil ist allerdings neben dem Lärm, der zum Glück derzeit durch einen neuen Auspuff stark zurückgegangen ist, der Gestank. Den Fahrer mag's kaum stören, denn er lässt die Geruchsfahnen bei der Fahrt hinter sich. Doch wer schon mal vor einem Haus parkt, erlebt des Öfteren, dass jemand im Innern gekippte Fenster schließt.

Beim E-Max, den die Stadtwerke Bonn regelmäßig im Einsatz haben, braucht sich niemand die Nase zuzuhalten. Da kommt einfach nichts raus. Der Lärm fehlt auch - was will man mehr, oder? Beide Scooter sind mit einem preiswerten Versicherungskennzeichen bestückt, dürfen also mit dem Autoführerschein gefahren werden. Neufahrzeuge haben heute eine Zulassung für 45 Stundenkilometer, die Autobahn ist da logischerweise tabu. Doch da wollen wir auch gar nicht drauf. Jetzt geht's zur ersten Vergleichsfahrt durch den Stadtverkehr.

  • Aussehen: Zugegeben, die Vespa in ihrem Retro-Look ist schon schick. Die Kurven sind klassisch schlicht, der Radkasten kommt geschwungen daher. Die ET2 will kein Rennroller sein. Sportlich stellt sich der blaue E-Max auf. Die größeren Räder fallen auf. Dabei ist er aber richtig schwer, was mit an den Akkus liegt.
  • Aufsteigen: Es gehört ein wenig Geschick dazu, die Vespa auf- oder abzubocken. Denn sie muss dabei mit etwas Schwung bewegt werden, sonst kostet es zu viel Mühe. Der E-Scooter hat nur einen seitlichen Ständer, der leicht beiseite getreten ist. Erst wenn der freundlich in der Anzeige begrüßte Fahrer das getan hat, ist der "Gashebel" frei - der Elektroroller wird wie ein Benziner über den rechten Griff beschleunigt.
  • Fahreigenschaften: Der Italiener meistert mit seinem wespenähnlichen Gesumme jede Lebenslage. Den Venusberg erklimmt das Zweirad, ohne viel an Geschwindigkeit zu verlieren. Ist die Kuppe erreicht, wird die Fahrt wieder etwas flotter. Ob der E-Roller da mithalten kann? Den Griff drehen, komisch, kein Geräusch. Gerade mal ein Summen, es geht vorwärts. "Nur den Ständer hört man rappeln, wenn man über ein Schlagloch fährt", sagt Christian Schrick von den SWB. Die Beschleunigung ist nicht von schlechten Eltern, wird sogar noch besser, wenn man den "Boost"-Schalter drückt. Das hilft beim Anfahren an der Kreuzung oder auch den Hang hoch. Hier zeigt sich, wie viel Kraft in dem Elektrofahrzeug steckt, denn Tempo 40 wird locker gehalten. Die 45 Stundenkilometer auf der Ebene sind so eingedrosselt, weil es das Gesetz verlangt. Ein bisschen mehr Geschwindigkeit würde gut tun, um im Autoverkehr der Stadt gut und gleichwertig mithalten zu können. Die Vespa von 2000 kann das, sie ist noch für 50 km/h zugelassen. Irre aber, wie der E-Max sich flott durch die Stadt surrt. Der Fahrer fühlt sich ein bisschen wie in einer Straßenbahn.
  • Tanken: Eine Tankfüllung von sechs Litern kostet bei der Vespa gut zehn Euro. Laut SWB-Sprecherin Veronika John braucht ein Zweitakter rund drei Liter auf 100 Kilometer, was etwa 3,60 kostet. E-Scooter verfahren dagegen nur 84 Cent pro 100 Kilometer (Verbrauch vier Kilowattstunden, 21 Cent pro Kilowatt). Allerdings machen irgendwann auch mal die Batterien schlapp. Manche Arten schaffen 500 Ladezyklen. Der E-Max soll mit einer Ladung (Laden dauert etwa sechs Stunden) bis zu 90 Kilometer weit kommen, was von der Strecke und dem Fahrergewicht abhängt. So viele Kilometer wollen bis zum ersten Batteriewechsel erst einmal gefahren werden.
  • Stauraum: Beide Roller haben hinten Platz für einen extra Koffer. Während bei der Vespa unter dem Sattel ein ganzer Helm Platz findet, muss man sich beim E-Max mit weniger zufrieden geben. Auch an den Füßen bietet die ET2 mehr Abstellfläche. Da gibt es sogar einen Haken für Taschen.
  • Fazit: Im mehrtägigen Test zeigt der E-Max, dass er als City-Flitzer der Vespa die Stirn bieten kann - und das sogar fast völlig CO2 neutral, wenn man mit Ökostrom lädt. Ein Riesenvorteil: "Die Nachbarn werden morgens nicht geweckt", sagt Schrick. Die Reichweite ist prima, man braucht aber einen Stromanschluss am Haus. Bleibt die Frage, wie sich der Scooter im Dauerbetrieb - auch im Winter - schlägt. Wie bei der Vespa werden Reparaturen anfallen. Die hat über die Jahre nun aber auch schon mehr als 40.000 Kilometer gute Dienste geleistet.
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