In der Edith-Stein-Gemeinde muss niemand alleine feiern

Weihnachten, das Fest der Liebe: Draußen tanzen leise dicke Schneeflocken, das Festmahl ist verspeist, und die Geschenke sind ausgepackt. Man sitzt mit seinen Lieben besinnlich in seinem kuschlig warmen Heim, während der Blick aus dem Fenster über die zuckerfarbene Schneelandschaft schweift.

In der Edith-Stein-Gemeinde muss niemand alleine feiern
Foto: Max Malsch

Brüser Berg. Weihnachten, das Fest der Liebe: Draußen tanzen leise dicke Schneeflocken, das Festmahl ist verspeist, und die Geschenke sind ausgepackt. Man sitzt mit seinen Lieben besinnlich in seinem kuschlig warmen Heim, während der Blick aus dem Fenster über die zuckerfarbene Schneelandschaft schweift.

So etwa stellt man sich das perfekte Weihnachtsfest vor. Aber was ist, wenn man niemanden hat, mit dem man feiern kann? Für manchen eine schlimme Vorstellung, Heiligabend allein zu sein. Aber es wäre ja nicht Weihnachten, wenn es für diese Menschen kein Plätzchen gäbe, an dem sie willkommen aufgenommen werden.

Der Gemeindesaal der Edith-Stein-Kirche verwandelte sich am Freitag in ein riesiges Wohnzimmer - mit allem was dazugehört: Einem schön geschmückten Tannenbaum, einem Gabentisch und lauter Köstlichkeiten. Also war es auch kein Wunder, dass die 50 Gäste in gemütlicher Weihnachts-Atmosphäre regelrecht zu einer Großfamilie zusammenwuchsen.

Gastgeber des Festes war die Edith-Stein-Kirche, wobei der pensionierte Pastor Benno Leiverkus sich eigentlich sicher ist, dass "der liebe Gott" zum Fest ei lud.

Rückblick: Vor 20 Jahren gab es auf dem Brüser Berg in der Edith-Stein-Anlage eine Pfarrerin namens Elisabeth Daub. "Ihre Schützlinge waren damals behinderte und benachteiligte Menschen", sagte Leiverkus. "Für alle, die Weihnachten alleine waren oder es sich finanziell nicht leisten konnten, rief sie dieses Fest ins Leben." Daub und Leiverkus arbeiteten nicht nur viel zusammen, sondern waren auch befreundet.

Als die Pfarrerin dann vor ungefähr zehn Jahren erkrankte, musste Leiverkus ihr am Sterbebett versprechen, das Fest weiterzuführen. "Und das tue ich auch", sagte der Pfarrer bestimmt. Das Besondere daran: Daub war evangelisch, und Leiverkus ist katholischer Pfarrer. "Daran sieht man, wie toll die Interaktion beider Kirchen sein kann", so der Schirmherr.

Seit dem ersten Weihnachtsfest, das Daub veranstaltete, ist Kläre Bartnick als ehrenamtliche Helferin dabei. "Ich bin seit 32 Jahren Witwe und fände es schrecklich, das Weihnachtsfest allein zu verbringen. Daher bin ich heute eigentlich nicht zum Arbeiten hier, sondern werde von den lieben Menschen aufgefangen", sagte Bartnick mit Tränen in den Augen. "Mich macht es einfach glücklich hier zu sein." Viele treffen sich dort jedes Jahr wieder.

Mutter und Tochter Karin und Silvia Wilken zieht es seit 15 Jahren zum Weihnachtsfest in den Gemeindesaal. Aber auch Neulinge wie Ralph Friedrich waren dabei. "Ich bin alleinstehend und habe hier auch keine Verwandten", sagte Friedrich. Die Menschen, die auf dem Brüser Berg zusammensitzen und gemeinsam feiern, verbinden mit Weihnachten nicht die kommerzielle Geschenkeflut. "Da fällt mir ein passendes Zitat von Goethe ein: “Liebe hält die Welt im Innersten zusammen. Und so ist es auch„", sagte Friedrich und lacht.

"Der Kontrast ist schon hart", gab der 17-jährige Julian zu, der den Abend musikalisch mit dem Fagott begleitete. Nach seinem Auftritt fuhr Julian nach Hause zu seiner Familie. "Hier merke ich erst, wie glücklich und dankbar ich bin, dass ich das Fest mit meinen Lieben verbringen darf."

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