Wohlige Wohnwelt für den Augenblick "Home Staging" soll den Verkauf von Immobilien beschleunigen

BONN · Der Eigentümer des etwa 145 Quadratmeter großen Reihenhauses mit Garten an der Elisabeth-Enseling-Straße in Bonn hatte bereits einige Anstrengungen in Sachen Verkauf unternommen. Von Berufs wegen musste er sich von seiner Immobilie trennen.

 Feingemacht: Makler Jürgen Knees im Wohnzimmer der Immobilie in Lessenich, die mit Home Staging eingerichtet wurde.

Feingemacht: Makler Jürgen Knees im Wohnzimmer der Immobilie in Lessenich, die mit Home Staging eingerichtet wurde.

Foto: Axel Vogel

Doch bei der Suche nach einem Käufer beging er drei Monate lang jeden Fehler, "den ein Verkäufer begehen kann", sagt Jürgen Knees (57), seit 27 Jahren Immobilienberater in der Region Bonn/Rhein-Sieg. Das habe bei schlechten Fotos angefangen und bis zu unrealistischen Preisvorstellungen gereicht. Inzwischen hat der Eigentümer Knees mit der Vermarktung beauftragt, und der ist guten Mutes, das Haus zügig verkauft zu bekommen. Seine Hoffnungen setzt er nicht nur auf ein Bieterverfahren (der GA-Immobilienseite vom 5. Oktober), sondern vor allem auf das sogenannte Home Staging.

Dabei handelt es sich um eine Art Verkaufsförderung. Knees nennt es Verkaufsbeschleuniger. Im Prinzip geht es beim Home Staging darum, dass Profis - oft Raumausstatter - durch die Einrichtung der Immobilie einem zügigen Verkauf den Boden bereiten. Aus Sicht von Knees bringt das Verfahren Vorteile für alle Beteiligten.

Ob das Ganze auch im Falle des Reihenhauses im Bonner Stadtteil Lessenich/Meßdorf funktioniert und sich bei einem Startpreis von 350.000 Euro ein Käufer findet, wird sich heute zeigen: Bei einem Open-Haus-Termin können sich Interessenten das Haus ansehen. Das wurde inzwischen ansprechend von Susan Rau, einer auf Home Staging spezialisierten Unternehmerin aus Wuppertal, mit Möbeln und Accessoires eingerichtet. Andere Experten bestätigen: Das Aufbereiten von Innmobilien gewinnt an Bedeutung.

Wenn man einen Interessenten für eine Immobilie begeistern will, hat man dazu nicht viel Zeit: "Ob einem ein Objekt gefällt, entscheidet sich oft in den ersten sieben Sekunden", weiß Knees aus Erfahrung. "Wenn in der Zeit nicht der Funke überspringt, brauche ich mit dem Kunden oft gar nicht in die zweite Etage zu gehen." Darum komme es darauf an, dem Interessenten sofort ein behagliches Wohngefühl zu vermitteln. Experten aus dem Home-Staging-Bereich gelingt das aus Sicht von Knees trefflich.

Um eine allein für den Verkauf geschaffene Wohnwelt in dem Objekt zu kreieren, vergleichbar in etwa einem Filmset, beauftragt er daher regelmäßig auf eigene Rechnung die Agentur von Susan Rau. Solche Agenturen gibt es inzwischen viele in Deutschland, sagt Ulrike Krasemann, Vorstandsmitglied des Vereins "Deutsche Gesellschaft für Home Staging und Redesign": "Home Staging boomt.

Als sich unser Verein 2010 gegründet hat, gab es 20 Agenturen, heute sind es 200." Dabei spricht sie von einem eigenen Berufsbild, das sich entwickelt habe. Warum das in den USA bereits seit den 70er Jahren bekannte Verfahren so spät hierzulande an Zuspruch gewinnt, erklärt Fachfrau Krasemann so: "Das Ganze musste im Immobilienbereich Zeit haben zu wachsen." Dass Home Staging derweil auch in Deutschland boomt, wundert sie nicht: "Ein gebrauchtes Auto verkauft man schließlich auch nicht ohne Aufbereitung."

Um Erfolg bei der häuslichen Verkaufsverschönerung zu haben, rät die Deutsche Gesellschaft für Home Staging und Redesign, einige Grundregeln zu beachten. So sollten beste Lichtverhältnisse und eine Optimierung des Platzes gewährleistet sein. Ganz wichtig ist der Aspekt der Entpersonalisierung: Das Haus soll so neutral wie möglich präsentiert werden. Daher gehören private Dinge wie religiöse Symbole, Sammlungen, Krimskrams und Fotos "entrümpelt".

Aus gutem Grund, erklärt Home-Staging-Expertin Susan Rau: "Dem Käufer gelingt die Identifikation mit seiner zukünftigen Immobilie viel leichter, wenn sie von der persönlichen Prägung des Verkäufers befreit ist." Der zukünftige Bewohner solle nicht das Gefühl haben, in die Privatsphäre seines Vorgängers einzudringen und nicht von dessen Lebensstil in seiner eigenen Vorstellungskraft für die zukünftige Nutzung beeinflusst werden.

Mit dem Einrichten einer Kurzzeit-Wohnwelt hat Immobilienberater Knees beste Erfahrungen gemacht. Dabei geht es aber nicht nur um Gewinnmaximierung: "Die zehn bis 15 Prozent, die ich in etwa durch Home Staging mehr für ein Objekt bekomme, machen den Braten auch nicht mehr fett." Zumal die Kosten für das Home Staging noch abgezogen werden müssen. Laut Rau belaufen diese sich "in der Regel auf zwischen ein und drei Prozent des Verkaufspreises".

Wichtiger ist für Knees, mit der Methode die Verkaufszeiten drastisch zu senken: "Ein halbes Jahr ist in der Regel bei einem Haus das Minimum." Wie er zuletzt bei einer Immobilie in Wachtberg vorexerziert habe, "war das Haus in 60 Tagen verkauft". Das erspare dem Makler Aufwand, dem Verkäufer Kosten, "und der Käufer kann noch vor dem Verkauf sehen, was man aus einer Immobilie machen kann", so Knees. Die meisten Kunden hätten nämlich zunächst überhaupt keine Vorstellung. Er ist sich sicher, dass jede Immobilie es gebrauchen kann, "beim Verkauf im bestmöglichen Licht gesehen zu werden". Und zwar vom kleinen Einfamilienhaus bis zur großzügigen Luxusvilla.

Andrea Heppe, die mit ihrem Bonner Unternehmen "Stilquelle" ebenfalls auf Home Staging spezialisiert ist, gibt ihm Recht. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass sich etwa gewerbliche Immobilien mit Home Staging zum Teil sogar noch besser verkaufen lassen als private: "Mein Rekord war eine 1980er-Jahre-Immobilie, die sich dank eines guten Einrichtungskonzeptes noch am gleichen Tag verkauft hat."

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