Hitzige Debatten beim Ersten Europäischen Präventionstag in Bonn

Krankheiten vorzubeugen, hilft Kosten zu sparen - Erst langsam bemerken Ärzte neues Bewusstsein für Vorsorge und gesunde Lebensweise

Bonn. Üblicherweise sind die meisten Besucher in Arztpraxen krank und suchen Heilung. Doch einen Bewusstseinswandel forderte Dr. Claudia Hennig, Medizinerin mit dem Schwerpunkt Präventive Medizin, auf dem "1. Europäischen Präventionstag" im World Conference Center Bonn.

"In meiner Praxis begrüße ich immer mehr 30- bis 40- Jährige, die ohne Erkrankung zu mir kommen. Sie wollen einfach wissen, ob sie alles richtig machen. Erst langsam verändert sich das Bewusstsein dahingehend, dass mehr Prävention zu mehr Zufriedenheit vieler Menschen führt und dabei helfen kann, die Kosten für die Sozialsysteme zu senken", sagte sie während der Diskussion zum Thema "Präventionsmedizin im Fokus der Politik und Wirtschaft".

Zuvor hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die Eckpunkte des seit drei Jahren hart umkämpften Präventionsgesetzes erläutert. Sie fordert von Politik und Wirtschaft ein klares "Ja" zur Förderung von Präventionsmaßnahmen. Natürlich müsse ein Bewusstseinswandel schon bei den Jüngsten in den Schulen anfangen. "Prävention muss zu einem selbstverständlichen Bestandteil unseres Lebens werden", fordert sie.

Finanziell will sie neben dem Bund auch die Krankenkassen in die Pflicht nehmen. "Ich will kein Gesetz, das uns vorschreibt, wie wir zu leben haben, aber eines, das alle Institutionen, die unsere Gesundheit fördern - ob Sportverein oder Beratungsstellen für ausgewogene Ernährung - unterstützt werden."

Ideen, die Detlef Parr, Mitglied des Bundestages und präventionsmedizinischer Sprecher der FDP, generell für unterstützenswert hält, aber ebenso wie Hermann-Josef Scharf, Berichterstatter "gesundheitliche Prävention" der CDU/CSU, nicht im Finanzierungsbereich der Krankenkassen wissen will. "Frau Schmidt will im Gedanken der Volksgesundheit das Präventionsprinzip von oben nach unten durchregulieren. Vorsorge ist eine individuelle Frage", so Parr.

Es sei doch ein Witz über Prävention zu diskutieren, wenn gleichzeitig Schüler nur zweimal die Woche in den Genuss von Sportstunden kämen. "Wir sind uns doch alle einig, dass Prävention etwas Gutes ist, aber ein Fonds, in den alle einzahlen, würde doch nur schon wieder ein bürokratisches Monstrum", zürnte Scharf.

Bei allen Debatten um zukünftige Förderungen bietet einen konkreten Präventionsservice heute schon jede Apotheke an, erklärte Dr. Markus Reiz vom Apothekenverband. "Ob Blutdruck oder Blutzuckermessungen, Apotheken sind zunehmend zum ersten Anlaufpunkt für Patienten geworden", so Reiz.

Erst jüngst habe er eine regelmäßig zur Blutdruckkontrolle kommende Patientin wegen Veränderungen der Ergebnisse an ihren Hausarzt verwiesen. "Prävention ist einer der Punkte, die klar vom Leistungsspektrum von Apotheken abgedeckt werden", sagt er.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort