Lehrer Gerhard Glock lebte in Afrika Ein Stück Lessenich in Tansania

Bonn · Der Bonner Lehrer Gerhard Glock lebte sechs Jahre in Afrika. Wie es Trikots von Rot-Weiß Lessenich nach Tansania schafften und warum Glock nicht nur ein Tourist sein wollte, lesen Sie hier.

 Ein Stück deutsche Heimat in Tansania: Die tansanische Lehrermannschaft spielt in gespendeten Trikots von Rot-Weiß Lessenich.

Ein Stück deutsche Heimat in Tansania: Die tansanische Lehrermannschaft spielt in gespendeten Trikots von Rot-Weiß Lessenich.

Foto: Privat

Bescheiden und zurückhaltend, sehr gastfreundlich und zugewandt: So nennt Gerhard Glock die Menschen in Tansania. Die Beschreibung könnte auch auf Glock zutreffen. Vielleicht sollte noch hinzugefügt werden, dass ihn seine Lehrerkollegen des Duisdorfer Berufskollegs, an dem er - bis auf seinen fast sechsjährigen Aufenthalt in Tansania - nahezu 38 Jahre unterrichtet hat, als "beneidenswert entspannt" bezeichneten.

Gerade ist Glock wieder aus Njombe im Süden Tansanias zurückgekehrt. Alle vier bis fünf Jahre besucht er den Ort auf knapp 2000 Meter Höhe, in dem er von 1988 bis 1993 mit seiner Frau Ga-briele und dem damals zweijährigen Sohn Jens als Lehrer für den damaligen Deutschen Entwicklungsdienst (DED) tätig war. "Inzwischen sind wir so etwas wie eine Familie geworden", sagt er heute.

Damals war es sein Wunsch, einmal nicht als Tourist in der Fremde zu leben. Als politisch engagierter 68er lag es für ihn nahe, sich mit Tansania zu beschäftigen. Das Land befand sich nach deutscher Kolonialzeit und britischem Protektorat im Aufbruch. "Ujamaa", heißt auf Kisuaheli Sozialismus oder Familie. "Ujamaa bedeutet aber viel mehr als Gemeinsamkeit", sagt Glock. Der damit auch bezeichnete "Afrikanische Sozialismus" betrachtet alle Menschen als seine Brüder, als Mitglieder einer sich ständig erweiternden Familie. Glock ist stolz darauf, ein Teil davon geworden zu sein. Und er kam damit seinem Ziel näher, einen Teil Afrikas nicht nur als Tourist zu erleben. Glock hatte zuvor schon vieles von der Welt gesehen, jedoch meist nur von außen betrachten können.

Über Wien und Nürtingen nach Bonn

In Wien geboren und im schwäbischem Nürtingen aufgewachsen, "Man hört es immer noch", sagt Glock, trat er nach seinem Studium in Nürnberg sein Referendariat in Ibbenbüren an. "Ich wollte den Norden Deutschlands kennenlernen", nennt Glock als Grund dafür, nach Nordrhein-Westfalen gekommen zu sein. Über einen Freund landete er schließlich in Bonn, wo er 1978 am Berufskolleg in Duisdorf seine erste Lehrerstelle antrat.

Doch nach zwei Jahren warf er noch einmal alles über Bord. Er gab seine sichere Beamtenstelle auf und reiste ein Jahr lang um die Welt. "Zu einem späteren Zeitpunkt hätte ich das wahrscheinlich nicht mehr geschafft." Er bereiste Afrika, Australien, Amerika und Asien, bevor er nach Duisdorf zurückkehrte und glücklich darüber war, seine alte Stelle wieder antreten zu können.

Kurz bevor er seinen 40. Geburtstag feierte, nutzte er noch einmal die Möglichkeit, sich in die Welt aufzumachen. Mit seiner jungen Familie brach er die Zelte in Bonn ab und kam mit dem DED nach Tansania. "Wenn ich heute erzähle, dass ich an einer 'Private School' unterrichtet habe", so Glock, denke man meist in europäischen Kategorien. Doch im Gegensatz zu den staatlichen Schulen seien die privaten Sekundarschulen von den tansanischen Gemeinschaften "Ujamaa" errichtet worden. Nur etwa zweieinhalb Prozent der nach hiesigen Verhältnissen als "Hauptschüler" bezeichneten Kinder konnten damals dort die weiterführenden Schulen besuchen. Ein Grund für den DED, Lehrer nach Tansania zu schicken. "Egal, ob Lehrer, Ärzte oder Ingenieure", erinnert sich Glock, "wir verdienten alle 1200 Mark."

Glock lässt die letzten 40 Jahre passieren

Anfang der 1990er Jahre erlebte Glock über die Marktöffnung Tansanias eine zunehmende Vermüllung der bis dahin unberührten Naturlandschaft. Durch Importe aus Übersee, China und Europa kamen plötzlich Plastikflaschen und -tüten in das Land, die achtlos entsorgt wurden und Savanne, Strände und Städte mit dem unverrottbaren Müll belasteten. "Aktuell gibt es jedoch auch in Tansania ein Verbot für Plastiktüten", sagt Glock.

Mit vielen Fotoalben lässt er die letzten 40 Jahre passieren und erinnert sich an Lehrerkollegen und Freunde in Tansania. Mit der Unterstützung und mit Spendenaktionen seiner Duisdorfer Berufsschulkollegen konnte er in Njombe inzwischen zwei Häuser für etwa hundert Schülerinnen bauen, die nun sicher in Schulnähe untergebracht sind. In Tansania hat er auch das Fußballspielen begonnen, weswegen er auch 1994 dem Rot-Weiß-Lessenich (RWL) beitrat. Seitdem versorgt auch der RWL die Lehrer- und Schülermannschaften mit ganzen Trikotsätzen.

Nächster Besuch in Tansania wird noch ein paar Jahre dauern

Bei seinem letzten Besuch im August konnte Gerhard Glock in der Njombe-Lehrermannschaft gegen seinen Sohn Ingo in der Schülermannschaft spielen. Hunderte Schülerinnen und Schüler müssen gejubelt haben, als Ingo ein Tor gegen die Lehrer schoss und damit den Schülern zum 6:5-Sieg verhalf.

Nun wird es wieder ein paar Jahre dauern, bis Glock erneut seine "Familie" in Tansania besucht. Schade ist nur, dass seine afrikanischen Freunde ihn nicht in der Endenicher Harmonie erleben konnten, wo er gerade noch mit seiner Band "Taste of Woodstock" als Schlagzeuger und Sänger vor dem Auftritt der legendären "Canned Heat" zu sehen war.

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