"Mädchenbäume" en masse

HARDTBERG · Die Schaltjahr-Tradition hat in Witterschlick für ein Verkehrschaos gesorgt. Andernorts war's eher besinnlich.

 Hauruck verkehrt: Die Mädels im Witterschlicker Wald, allen voran Sarah und Michaela, geraten beim Baumschlagen gehörig ins Schwitzen.

Hauruck verkehrt: Die Mädels im Witterschlicker Wald, allen voran Sarah und Michaela, geraten beim Baumschlagen gehörig ins Schwitzen.

Foto: Barbara Frommann

Na endlich: Der Mai ist gekommen! Auf dem Hardtberg zelebrierten das einige am Montagabend traditionell mit Liedern rund um eine Dorfbirke, andere bei feuchtfröhlichen Partys. Dort konnten vor allem die jungen Herren der Schöpfung unbeschwert feiern: Im Schaltjahr 2012 erledigten viele Frauen das Maibaumaufstellen.

Stau in den Mai: Wer zuerst kommt, kann sich den schönsten Baum aussuchen. So wurde es am Montagnachmittag auf dem Brüser Damm in Richtung Witterschlick gehandhabt: Die jungen Frauen strömten in den Kottenforst mit Markierungsbändern, jede wollte natürlich Bäume möglichst nah an der Straße haben. Dafür wurden auch Schnitt- und Schürfwunden in Kauf genommen - nicht verursacht von Konkurrentinnen, sondern von Zweigen, aber die Grundstimmung dort hatte schon leicht aggressive Tendenzen. Ein denkwürdiges Spektakel.

Und eins, das das Team um Stadtförster Sebastian Korintenberg ordentlich ins Schwitzen brachte - denn die Mädels durften natürlich nicht selber hacken und sägen: Das hätte womöglich die umliegenden Krankenhäuser überfordert. "Wir hatten mit 20 Mädels und 30 Jungs gerechnet", sagte Korintenberg. Nach seiner Schätzung kamen rund 300 Maibaumstellerinnen, um sich eine Birke fällen zu lassen.

Mittendrin waren die Damen von der Karnevalsgesellschaft "Die Flüssigen". Präsidentin Eva Baukhage und ihre Kameradinnen hatten sich fünf Bäume sichern können, die sie aus dem Wald zerrten und zu einem mitgebrachten Pickup mit Anhänger schleppten. Auch vor vier Jahren waren sie ausgerückt, damals hatten sie sich die Bäume noch selber geholt. "Das macht so einen Spaß!", meinte Mitglied Michaela. Die Ladys hatten den Abend schon durchgeplant: Bäume schmücken, nebenbei Maibowle trinken und irgendwann die Aufstelltour beginnen.

Das ging natürlich nicht ohne Verkehrschaos: Am Straßenrand kämpften Autofahrer um Parkplätze, auf dem Radweg bewegte sich eine Karawane von Mädchen, die Bäume auf den Schultern trugen, und wer einfach nur den gewohnten Weg von der Arbeit ins heimische Witterschlick fahren wollte, musste mitunter Geduld aufbringen. "Das ist doch nicht normal!", schimpfte eine Autofahrerin. Aber was ist am 30. April schon normal?

Singen für den Wonnemonat: Drei Tage vor dem Maiansingen hatte der Ortsfestausschuss Lengsdorf den Dorfplatz gesperrt - trotzdem stand ein Pkw direkt vor dem Podest, von dem aus der Vorsitzende Christoph Schada moderierte. Er nahm es mit Humor und kündigte den Renault als Hauptgewinn für eine Tombola an.

Die Lengsdorfer Löscheinheit der Feuerwehr stellte den Baum auf, der deutlich größer war als der im vergangenen Jahr, danach trug der Gesangverein Liederkranz Volkslieder vor, die Hoffnung auf einen sehr angenehmen Mai machten. Ähnliche Lieder waren auch auf dem Platz vor der Dransdorfer Burg zu hören, wo der Männergesangverein Frohsinn sang. Auch hier stellte die Feuerwehr, die mit dem Ortsausschuss auch den Ball in der Mehrzweckhalle organisierte, den Baum auf und entzündete obendrein ein Feuer, über das zu Mitternacht verliebte Paare springen konnten.

Viel los bei den Sausen: Die größte Maifeier hatte wieder die Duisdorfer Feuerwehr zusammen mit dem Spielmannszug Rot-Weiß organisiert. Das elfte Fest auf dem Gelände der Löscheinheit war bestens besucht. Die Ippendorfer Sebastianusschützen hatten das Festzelt vom Schützenfest gleich stehen gelassen. Wer tagsüber keinen Maibaum bekommen hatte, konnte dort abends noch einen kaufen, zu späterer Stunde wurde der größte verlost.

Bei der Sause des Junggesellenvereins Lessenich herrschte auf dem Dorfplatz ebenfalls gute Stimmung, und das Wetter lockte viele Anwohner dort hin. Im Neubaugebiet Hinter den Lessenicher Gärten hatten die Frauen aus der Johann-Bieser-Straße sich etwas Besonderes ausgedacht: Sie hängten neben Maibäumen und kleinen Herzen für ihre Männer auch ein großes Herz für alle in der Straße auf. Bei der Auslöse Ende Mai erhoffen sie sich statt des traditionellen Bierkastens eine Spende für die Aktion Lichtblicke.

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